Memotransfront - Stätten grenzüberschreitender Erinnerung
   
    Druckversion (PDF)    
   

Gerhild Krebs

Arbeiter- und Beamtensiedlung Luisenthal

Parkstraße und Althansstraße, Luisenthal/Völklingen; Kreisstraße und Ringstraße, Ottenhausen/Saarbrücken

Regionalhistorischer Kontext

Die erhaltenen Teile der historischen Tagesanlagen der Grube Luisenthal und des zugehörigen Wohnungsbaues manifestieren Kontinuitäten, aber auch Brüche zwischen der Zeit des preußischen und des französischen Bergfiskus: Kontinuitäten bestehen im gleichgerichteten wirtschaftlichen Interesse, in der Fortsetzung grubeneigenen Wohnungsbaues und der Anknüpfung der Mines Domaniales an preußische Siedlungsensembles; Brüche liegen zum einen auf ideeller Ebene, d.h. in den Umbenennungen von Schachtanlagen (auch der Name des Ortes und der Grube wurde zwischen 1918 und 1935 in der französisierten Form Louisenthal geschrieben), zum anderen in der Ausführung des Wohnungsbaues, in der Neuanlage ganzer Siedlungen oder Häuserfluchten an anderen Standorten sowie im französischen Baustil, dessen Charakteristika die Häuser dieser Zeit deutlich von den Häusern aus preußischer Zeit abgrenzen. Zu diesen Charakteristika zählen Krüppelwalmdächer, Seitenerker und Mittelrisaliten oder auch der Wechsel von trauf- und giebelständiger Position zur Straße. Die Errichtung eines Teils der Häuser in Luisenthal und Ottenhausen in den Jahren 1920–1922 stellen die baulich aktivste Phase bergfiskalischen Wohnungsbaues der französischen Bergwerksverwaltung an der Saar dar. Nach 1922 gab es nur noch wenige Neubauten.

Baugeschichte

Bei den Richardschächten errichtete der preußische Bergfiskus 1885 (Parkstraße 8) und 1894 (Parkstraße 10) zwei Vierfamilienhäuser, beide zweieinhalbgeschossig mit Satteldach und zugehörigem Wirtschaftsgebäude, außerdem in der Althansstraße 1902 und 1905 drei Beamtenhäuser, zwei anderthalbgeschossige mit Mittelrisaliten und ein zweigeschossiges mit Seitenrisalit, jeweils mit zugehörigem Wirtschaftsgebäude. Von den Mines Domaniales wurden dem Ensemble in der Althansstraße zunächst 1920 ein Doppelhaus für Beamte (Althansstraße 12/14) und eine Schule hinzugefügt, 1924 folgten vier anderthalbgeschossige Beamtendoppelhäuser des symmetrischen französischen Typs mit Krüppelwalmdach und seitlichen Erkern mit je drei Fenstern. Die Gebäude in der Park- und Althansstraße gingen 1974–1979 durch Verkauf in Privatbesitz über. Die Häuser aus der französischen Zeit wurden seither stark verändert, ebenso das Haus Parkstraße 10.

Eine ganz neue Arbeiter- und Beamtensiedlung ließen die Mines Domaniales 1920–1925 in der Nähe der Beaunier- und Calmeletschächte erbauen. Die erste Bauphase 1920–1921 umfaßte neun Arbeiterhäuser mit jeweils angebautem Wirtschaftsgebäude (Kreisstraße), jeweils giebel- oder traufständig zur Straße stehend und in Dach- und Giebelformen variierend. Außerdem kamen 1921 in der Kreisstraße noch zwei Doppelhäuser mit asymmetrischem Grundriß hinzu, die für Angestellte errichtet wurden. Die zweite Bauphase brachte bis 1925 eine Erweiterung in der Ringstraße mit drei Arbeiterhäusern und acht Beamtendoppelhäusern, wobei für die Beamtenhäuser symmetrische und asymmetrische Grundrisse, Krüppelwalmdächer, seitliche Erker und vor die Mittelrisaliten gesetzte, zu beiden Seiten abzweigende Windfänge gewählt wurden. Alle Häuser dieser Siedlung gingen durch Verkauf 1977–1979 in Privateigentum über. Die Angestelltenhäuser wurden seither am stärksten verändert. Verschiedentlich sind originale Details wie Klappläden französischer Art, Treppengeländer oder Kellertüren erhalten geblieben.

Quellen und weiterführende Literatur

Staatliches Konservatoramt des Saarlandes (Hg.), Denkmalliste des Saarlandes, Saarbrücken 1996, erstellt vom Referat 2: Inventarisation und Bauforschung (Dr. Georg Skalecki), Stand: 1.8.1996, S. 245–246, 292.

Stadtverband Saarbrücken (Hg.), Werkswohnungen des Preußischen Bergfiskus und der Mines Domaniales Françaises. Eine Dokumentation zum Werkswohnungsbau der preußischen und französischen Grubenverwaltung zwischen 1815 und 1935 im Stadtverband Saarbrücken, Saarbrücken 1985, S. 48–59.

 

>> zurück zum Seitenanfang

   
   
   
Memotransfront - Stätten grenzüberschreitender Erinnerung Rainer Hudemann unter Mitarbeit von Marcus Hahn, Gerhild Krebs und Johannes Großmann (Hg.): Stätten grenzüberschreitender Erinnerung – Spuren der Vernetzung des Saar-Lor-Lux-Raumes im 19. und 20. Jahrhundert. Lieux de la mémoire transfrontalière – Traces et réseaux dans l’espace Sarre-Lor-Lux aux 19e et 20e siècles, Saarbrücken 2002, 3., technisch überarbeitete Auflage 2009. Publiziert als CD-ROM sowie im Internet unter www.memotransfront.uni-saarland.de.