Memotransfront - Stätten grenzüberschreitender Erinnerung
   
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Annette Maas

Maréchal-Ney-Denkmal, Metz

Esplanade, Metz

Baugeschichte

1853 beabsichtigte die Stadt Metz, dem 1769 in der zur damaligen Zeit französischen Stadt Saarlouis geborenen und damit aus der näheren Umgebung stammenden Michel Ney, der gerade von Napoleon III. rehabilitiert worden war, ein Denkmal zu setzen. Ney galt seit den Revolutionskriegen als Held und war von Napoleon I. zum „Maréchal et Pair de l’Empire, Duc d’Elchingen, Prince de la Moskova“ ernannt worden. Da er während der 100tägigen Rückkehr Napoleons diesen unterstützte, wurde er zum Tode verurteilt und am 7. Dezember 1815 hingerichtet.

Das 3,80 m hohe Bronzestandbild wurde von dem einheimischen Künstler Charles Pêtre 1855 begonnen, 1859 vollendet und am 15. August 1860 auf der Esplanade in Metz eingeweiht. Es zeigt in einer dramatischen, bewegten künstlerischen Ausführung einen kämpferischen, entschlossenen Michel Ney, der mit seiner dezimierten Truppe in einem entscheidenden Moment des Russlandfeldzuges den Rückzug der Grande Armée über die Brücke von Kowno deckt.

Regionalgeschichtlicher Kontext

Das beeindruckende Standbild des Maréchal Ney wurde bei der Einnahme und späteren Annexion der Stadt Metz durch die Deutschen vor der Zerstörung bewahrt. Man respektierte 1870/1871 die Denkmäler der berühmten Helden der Französischen Revolution wie Ney und Fabert in Metz, Rapp und Bruat in Colmar und Kléber in Straßburg. Der Fall von Ney lag bedingt durch seine Geburt in Saarlouis insofern anders, als er in deutschen Augen ein deutscher Held war. Das Ney-Denkmal wurde während der Annexion der Stadt Metz zu einem hoffnungsvollen Sinnbild für die alteingesessene französischsprachige Bevölkerung. Sie sah in Ney ein Spiegelbild ihrer eigenen, scheinbar aussichtslosen Situation unter deutscher Herrschaft. Mit seinem mitreißenden Mut, Frankreich zu verteidigen, gab er ein hoffnungsvolles Vorbild, der deutschen Übermacht zu widerstehen. Sich am Ney-Denkmal zu verabreden, wurde zu einer politischen, antideutsch zu interpretierenden Geste der Einheimischen. Zu Jahrestagen der Kapitulation der Stadt Metz und des Einmarsches der deutschen Truppen am 29. Oktober 1871 brachte man am Ney-Denkmal Trauerflor an. Während der Einweihung des in unmittelbarer Nähe errichteten Denkmals für Wilhelm I. im September 1892 wurde das Ney-Denkmal offensichtlich von deutscher Seite verhüllt, da es als störend empfunden wurde. Für die Einheimischen konnte dies auch anders gedeutet werden: Ney mußte somit nicht die deutsche Besitznahme der Esplanade mit ansehen. Wie viele zeitgenössische Postkarten zeigen, war das Ney-Denkmal ein beliebtes Motiv, um eine tiefe Verbundenheit und unverbrüchliche Treue Frankreich gegenüber demonstrieren zu können. Während der großen November- und Dezemberfeierlichkeiten 1918 wurde es zu einem besonderen Bezugspunkt, vor allem während der großen französischen Militärparaden. Elemente der regionalen Identität verschmolzen mit der Tradition des französischen Heldentums am Ort ehemaliger deutscher Machtdemonstration.

Nach dem Einmarsch der Deutschen 1940 wurde das Ney-Denkmal von seinem Standort entfernt und in Sicherheitsverwahrung genommen. Es entging der drohenden Einschmelzung, da Ney nun als Sohn der deutschen Stadt Saarlautern galt. Nach der deutschen Besatzung nahm Ney wieder seinen angestammten Platz auf der Esplanade ein, wo er noch heute beeindruckend „Wache“ hält.

Quellen und weiterführende Literatur

Klitscher, Ernst, Michel Ney. Soldat der Revolution – Marschall des Kaisers, Saarbrücken 1993.

Jouffroy, Christian/Bleirad, Christian, Les statues de Metz, Metz 1991.

Maas, Annette, Denkmäler des Krieges 1870/71 in Elsaß und Lothringen 1871–1940 (Dissertationsprojekt).

 

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Memotransfront - Stätten grenzüberschreitender Erinnerung Rainer Hudemann unter Mitarbeit von Marcus Hahn, Gerhild Krebs und Johannes Großmann (Hg.): Stätten grenzüberschreitender Erinnerung – Spuren der Vernetzung des Saar-Lor-Lux-Raumes im 19. und 20. Jahrhundert. Lieux de la mémoire transfrontalière – Traces et réseaux dans l’espace Sarre-Lor-Lux aux 19e et 20e siècles, Saarbrücken 2002, 3., technisch überarbeitete Auflage 2009. Publiziert als CD-ROM sowie im Internet unter www.memotransfront.uni-saarland.de.