Memotransfront - Stätten grenzüberschreitender Erinnerung
   
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Gerhild Krebs

Steine an der Grenze (Les Menhirs de l’Europe)

Skulpturenstraße bei Wellingen und Launstroff

Baugeschichte

Aus einer Initiative des im Merziger Stadtteil Bietzen ansässigen Bildhauers Paul Schneider, unterstützt von seinem Freundeskreis und zahlreichen Förderern, darunter vor allem Alfred Diwersy, entwickelte sich seit 1981 die Idee zu einer Skulpturenstraße mit dem Namen „Steine an der Grenze“. Zunächst wollte Schneider seinem Wohnort Merzig einen einzelnen Stein widmen, den Sonnen-Lerchen-Hexen-Stein. Daraus entstand die Konzeption, Bildhauerkolleginnen und -kollegen zu einem internationalen Symposion einzuladen und ihre Werke entlang der deutsch-französischen Grenze auf den Höhen des Saargaues aufzustellen. Schneider folgte damit Karl Prantls „1. Symposium Europäischer Bildhauer“ 1959 im österreichischen St. Margarethen (Burgenland). Ein Trägerverein wurde 1986 ins Leben gerufen, dessen künstlerischer Leiter Paul Schneider wurde. Auf lothringischer Seite gründete sich ein gleichartiger Verein mit dem Namen „Les Menhirs de l’Europe“. Beide Vereine bemühten sich erfolgreich um Spenden und Zuschüsse zu den Kosten für die jeweils mehrwöchige Unterbringung der Beteiligten und die Transportkosten der Steine. Das Projekt wurde vom Saarland finanziell unterstützt und von den beteiligten Verwaltungsebenen im Saarland und in Lothringen ideell gefördert. Den Anfang machten an Mariä Himmelfahrt 1986 fünf Bildhauerinnen und Bildhauer aus Deutschland, Frankreich, Luxemburg und der Schweiz. Insgesamt fanden sieben Symposien statt, mehr als zwei Dutzend Steine von Künstlerinnen und Künstlern aus aller Welt säumen seither die Wege auf dem Saargau. Die Skulpturenstraße zieht seither viele Besucher von nah und fern an, sie zählt zu den beliebtesten Wanderwegen im gesamten Grenzraum.

Regionalhistorischer Kontext

Der „Särkow“, uraltes Siedlungsgebiet also, ist heute die Landschaft, wo Deutschland und Frankreich, das Merziger und das Waldwisser Land in einem Grenzweg aufeinandertreffen, der vormals wahrscheinlich eine Abzweigung der römischen Verkehrsstraße war, die von Metz nach Trier führte. Der Saargau, das ist auch die Landschaft, wo die Felder sich hüben und drüben gleichen [...]“ (Diwersy, S. 16). Den Anstoß zu diesem Projekt, so schreibt Schneider selbst, „bekam ich bei einer Wanderung in der Gegend von Merzig – Waldwiese, zwischen Deutschland und Frankreich, nahe des Dreiländerecks, die weitläufig von der Perlenschnur kleiner Grenzsteine markiert wird. Da kam mir also 1981 der Gedanke, diese beeindruckende Landschaft mit dem Motiv ,Grenze‘ zu verbinden und so die weltweit tätige Symposiumsidee von Karl Prantl hier fortzusetzen“ (Diwersy, S. 13). Die Bildhauersymposien knüpfen an die wechselnden Grenzen in dieser Landschaft an. Die Steine stehen zu beiden Seiten der heutigen Grenze, betonen sie und heben sie zugleich auf. Es gelingt ihnen, die manchmal schwer zu ertragende Last der Geschichte dieser Landschaft bei einem entspannenden Spaziergang aufzuheben, zu vergegenwärtigen und aufzulösen. Paul Schneider hat sich schon mehrfach auf schöpferische Weise mit dieser Geschichte befaßt – von dem gebürtigen Saarbrücker stammt auch der Gedenkstein für den 1935 emigrierten Schriftsteller Gustav Regler im Zentrum von dessen Geburtsstadt Merzig. Die Steine an der Grenze erinnern in ihrer Monumentalität an die frühgeschichtlichen Menhire, deren Ursprung in der steinzeitlichen Megalith-Kultur Europas zwar bekannt, deren damalige Funktion jedoch bis heute nicht geklärt ist. In späterer, keltischer Zeit dienten die Menhire, von denen die meisten im sogenannten celtic fringe (keltischen Saum) der westeuropäischen Länder, aber auch einige im Raum Saar-Lor-Lux erhalten geblieben sind, als Grenzmarkierungen der Stammesverbände und als Kreuzungsmarkierung von Fernwegen.

Quellen und weiterführende Literatur

Diwersy, Alfred, Steine an der Grenze. Die Skulpturenlandschaft des Saargaues, Blieskastel 1996.

 

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Memotransfront - Stätten grenzüberschreitender Erinnerung Rainer Hudemann unter Mitarbeit von Marcus Hahn, Gerhild Krebs und Johannes Großmann (Hg.): Stätten grenzüberschreitender Erinnerung – Spuren der Vernetzung des Saar-Lor-Lux-Raumes im 19. und 20. Jahrhundert. Lieux de la mémoire transfrontalière – Traces et réseaux dans l’espace Sarre-Lor-Lux aux 19e et 20e siècles, Saarbrücken 2002, 3., technisch überarbeitete Auflage 2009. Publiziert als CD-ROM sowie im Internet unter www.memotransfront.uni-saarland.de.