Memotransfront - Stätten grenzüberschreitender Erinnerung
   
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Anne Hahn

Großer Markt und Kommandantur, Saarlouis

Der heutige Große Markt wurde ursprünglich als Place d’armes zu Exerzierübungen und Aufmärschen angelegt, die ästhetischen Grundsätze wurden jedoch seitens des Baumeisters Vauban nicht zugunsten praktischer Funktionen vernachlässigt. Er lag im Herzen des „königlichen Fünfecks/Sechsecks“ und bildete den Mittelpunkt der Festung. Es handelt sich dabei um einen quadratischen Platz, dessen Seitenlängen jeweils 135 m lang sind. Seine insgesamt überdimensionale Größe von 10000 m² bei einer Länge der Stadt von 450 m (von Stadt- zu Stadttor) zeigt die hohe militärische Bedeutung Saarlouis’ als Festung in seiner Gründungszeit. Der Platz war von gepflasterten Straßen umschlossen, und das Quadrat selbst war wiederum durch zwei hindurchlaufende Straßen in kleine Quadrate unterteilt.

Im Schnittpunkt dieser zwei Straßen stand in der Gründungszeit ein prunkvoller Brunnen, der aber mit der Errichtung der Brunnen an den vier Ecken des Platzes abgetragen wurde. Diese heute noch erhaltenen, in die vier Himmelsrichtungen weisenden Brunnen ersetzten im Jahr 1821 die alten Holzbrunnen aus französischer Zeit. Hier läßt sich erkennen, daß die preußische Verwaltung Hochachtung vor dem französischen Baumeister Vauban und der französischen Festungsanlage zeigte und keine großen Veränderungen vornahm. Die Anpflanzung von Platanen erfolgte im Jahre 1738. Die Befestigung des Platzes mittels Betonplatten, die eine Baufirma aus Beaumarais ausführte, war ein Geschenk Adolf Hitlers aus dem Jahre 1937. Nach ihm wurde der Platz jetzt benannt, und er wollte mit diesem „Trostpflaster“ die Namensänderung der Stadt vom „welschen“ Saarlouis zum deutschen Saarlautern auffangen.

Die unterschiedliche Benennung des Platzes im Laufe seiner Geschichte orientierte sich immer an seiner Funktion. Als Place d’armes angelegt, wurde er in preußischer Zeit in „Marktplatz“ wegen der hier stattfindenden Wochen- und Jahrmärkte umbenannt. Die Bezeichnung „Großer Markt“ erhielt er im Zuge der Entfestigung durch die Entstehung des „Kleinen Marktes“. Eine radikale Veränderung erfolgte erst während des Dritten Reichs, als der Platz in „Adolf-Hitler-Platz“ umbenannt wurde. Mit Ende des Zweiten Weltkrieges erhielt er jedoch seinen früheren Namen zurück. Der Platz, der sowohl in preußischer wie in nationalsozialistischer Zeit weiter auch als Aufmarschplatz genutzt wurde, dient heute vor allem als Zentrum großer Feste wie der Saarlouiser „Emmes“ und als Treffpunkt Jugendlicher um den Marienbrunnen. Dieser wurde 1956 auf der Kirchenseite erbaut. Seine Errichtung, die auf eine Idee im Marianischen Jahr zurückgeht, löste innerhalb der Stadt große Konflikte aus, denn die protestantische Bevölkerung sah sich in ihren religiösen Gefühlen verletzt. Außerdem wurde der Brunnen zum Gegenstand politischer Auseinandersetzungen zwischen der autonomistischen CVP und der CDU, die ihre Kontroversen um das Statut des Saarlandes auf dieses Bauprojekt übertrugen.

Kommandantur

Beherrschendes Element des barocken Platzes ist die sogenannte Kommandantur. In den Jahren 1680 bis 1683 erbaut, wurde sie 1686 zum Sitz des ersten Gouverneurs der Stadt, Thomas de Choisy. Diese Funktion behielt sie auch in der Folgezeit: Sowohl die preußische Garnison als auch die französischen Besatzungstruppen nutzten sie als Zentrale. In den 1920er Jahren wurde das Gebäude von der Post gekauft.

Die Kommandantur spiegelt den Stil des französischen Funktionsbarock wider. Sie läßt jegliche Ausschmückung vermissen. Sie ist zweigeschossig, weist ein Mansardendach auf und besitzt in der Mittelachse ein großes Portal mit Balkon. Die Kommandantur wurde durch den Zweiten Weltkrieg weniger in Mitleidenschaft gezogen als die übrigen Gebäude der Stadt. In den Jahren 1973 bis 1976 mußte sie jedoch gänzlich wegen der faulenden Fundamente aus der Gründungszeit abgetragen werden und wurde nach den Originalplänen wiederaufgebaut.

Quellen und weiterführende Literatur

Fontaine, Lothar/Loew, Benedikt/Pohl, Erich, Saarlouis wie es früher war, Gudensberg-Gleichen 1999.

Haine-Maas, Rosemarie, Saarlouis einst und heute. Ein Streifzug durch Saarlouis und seine Geschichte, Saarlouis 1992.

Huber, Traudel, Saarlouis: Beispiel einer barocken Festungsstadt im Vergleich mit Longwy, Landau und Neubreisach, Saarbrücken 1980.

Kretschmer, Rudolf, Die Geschichte der Kreisstadt Saarlouis, Saarlouis 1982.
Schu, Hans Jörg, Der große Markt in Saarlouis, Saarbrücken 1986.

 

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Memotransfront - Stätten grenzüberschreitender Erinnerung Rainer Hudemann unter Mitarbeit von Marcus Hahn, Gerhild Krebs und Johannes Großmann (Hg.): Stätten grenzüberschreitender Erinnerung – Spuren der Vernetzung des Saar-Lor-Lux-Raumes im 19. und 20. Jahrhundert. Lieux de la mémoire transfrontalière – Traces et réseaux dans l’espace Sarre-Lor-Lux aux 19e et 20e siècles, Saarbrücken 2002, 3., technisch überarbeitete Auflage 2009. Publiziert als CD-ROM sowie im Internet unter www.memotransfront.uni-saarland.de.