Memotransfront - Stätten grenzüberschreitender Erinnerung
   
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Anne Hahn

Ludwigskirche Saarlouis

Großer Markt 5, Saarlouis

Die gesamte Platzanlage des heutigen Großen Marktes ist in ihrem Erscheinungsbild dem französischen Barock zuzuordnen und durch ein Gegenüber von weltlicher und geistlicher Macht gekennzeichnet. Die Ludwigskirche kann auf eine bewegte Geschichte in französischer wie in deutscher Zeit zurückblicken. Im Jahre 1685 erfolgte die Grundsteinlegung durch den Saarlouiser Gouverneur Thomas de Choisy, die Arbeiten dauerten bis 1687 an. Große Veränderungen brachte die Französische Revolution mit sich, da in dieser Zeit die Kirche in einen „Tempel der Vernunft“ umgewandelt wurde. In diesem Kontext wurden die kirchlichen Gegenstände zerstört und das Kreuz vom Turm entfernt. Erst mit der Errichtung des Konsulats unter Napoleon wurde die Kirche am 11. Januar 1800 ihrer alten Bestimmung wieder übergeben. Das barocke Kirchenschiff der Gründungszeit, das mehrmals in Stand gesetzt worden war, mußte im Jahre 1864 endgültig durch einen neugotischen Bau ersetzt werden, da das Deckengebälk die Außenmauern zu erdrücken drohte. Dasselbe Schicksal erlitt der Kirchturm, der durch einen Brand am Vorabend der 200-Jahr-Feier der Stadt völlig zerstört wurde. Ungewöhnlich an der Kirche sind die beiden Bürgerhäuser, die das Gebäude flankieren. Diese konnten nur errichtet werden, weil die Gemeinde – der die Armenfürsorge oblag – nach dem Frieden von Rijswyck und den damit verbundenen wirtschaftlichen Problemen Grundbesitz verkaufen mußte. Die beiden Häuser besitzen heute noch den im 17. Jahrhundert vorgeschriebenen Maßstab.

Die heutige neogotische Turmfassade, die nach der Brandkatastrophe errichtet wurde, stammt aus dem Jahre 1885. Die ursprüngliche Größenordnung der barocken Fassade wurde im Zuge dieser Baumaßnahmen stark verändert. Das Kirchenschiff mußte Mitte der 1960er Jahre zum zweiten Mal aus statischen Gründen abgerissen werden: Ein asymmetrisches Sichtbetonschiff von Gottfried Böhm trat 1969/1970 an die Stelle des Vorgängers. Trotz der Veränderungen im äußerlichen Erscheinungsbild sind Teile des barocken Vorgängerbaus noch erhalten. Die Statuen der Apostel Peter und Paulus, die sich in Mauernischen der alten Fassade befunden hatten, stehen heute in der Kirche neben dem Haupteingang. Auch zwei Gemälde der alten Kirche, „Die Apotheose des hl. Ludwig“ und „Die Heilige Familie“ sind erhalten. Sie wurden zwischen 1684 und 1694 vom Metzer Künstler Dupuis angefertigt und stellen ein Geschenk Ludwigs XIV. an die Saarlouiser Gemeinde dar. Sie überstanden die Französische Revolution nur, weil zwei Kirchenschöffen sie mit Kalk übertüncht hatten. In der Kirche befindet sich das Herz des ersten Gouverneurs der Stadt, Thomas de Choisy, der sich von „seiner“ Stadt auch im Tod nicht trennen wollte.

Quellen und weiterführende Literatur

Fontaine, Lothar/Loew, Benedikt/Pohl, Erich, Saarlouis wie es früher war, Gudensberg-Gleichen 1999.

Haine-Maas, Rosemarie, Saarlouis einst und heute. Ein Streifzug durch Saarlouis und seine Geschichte, Saarlouis 1992.

Huber, Traudel, Saarlouis: Beispiel einer barocken Festungsstadt im Vergleich mit Longwy, Landau und Neubreisach, Saarbrücken 1980.

Kretschmer, Rudolf, Die Geschichte der Kreisstadt Saarlouis, Saarlouis 1982.

Schu, Hans Jörg, Der große Markt in Saarlouis, Saarbrücken 1986.

 

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Memotransfront - Stätten grenzüberschreitender Erinnerung Rainer Hudemann unter Mitarbeit von Marcus Hahn, Gerhild Krebs und Johannes Großmann (Hg.): Stätten grenzüberschreitender Erinnerung – Spuren der Vernetzung des Saar-Lor-Lux-Raumes im 19. und 20. Jahrhundert. Lieux de la mémoire transfrontalière – Traces et réseaux dans l’espace Sarre-Lor-Lux aux 19e et 20e siècles, Saarbrücken 2002, 3., technisch überarbeitete Auflage 2009. Publiziert als CD-ROM sowie im Internet unter www.memotransfront.uni-saarland.de.