Memotransfront - Stätten grenzüberschreitender Erinnerung
   
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Gerhild Krebs

Architektonische Spuren katholischer Volksfrömmigkeit

Pestkreuze, bei Friedhofstraße 2 und 19 sowie Schulstraße 1, Besch/Perl; Wendalinusstraße, Bliesransbach/Kleinblittersdorf; Eisenguß-Kreuz, nahe Banngrenze zwischen Bliesmengen-Bolchen/Mandelbachtal und Bliesransbach/Kleinblittersdorf; Kruzifix mit Heiligenfiguren und Altartisch, Ecke Rue Sainte-Croix und Rue de Hoelling, Petit-Réderching; Wegekreuz, nahe der Banngrenze zwischen Blies-Schweyen/Blies-Guersviller und Sarreguemines; Kreuzweg, Kapellenstraße, Medelsheim/Gersheim; Kreuzweg, Güdersweiler/Oberthal; Kreuzweg, St. Gangolf, Besseringen/Merzig

Die architektonischen Spuren der katholischen Volksfrömmigkeit treten im ländlichen Raum der Großregion deutlich hervor. Diese Volksfrömmigkeit ist jedoch ein bislang wenig erforschter Bereich der regionalen Kulturgeschichte. Lediglich die Wegekreuze und die Traditionen ihrer Aufstellung und Nutzung sind näher erforscht, doch auch hier beschränkt sich die Darstellung in der Regel auf innerchristliche Aspekte, während die vorchristlichen Wurzeln bislang kaum untersucht und vorurteilsfrei betrachtet werden.

Wegekreuze

Wegekreuze des späten 17. bis frühen 20. Jahrhunderts, manche von hohem künstlerischem Niveau, manche schlicht oder ganz schmucklos, kann man vielfach am Wegesrand antreffen. Nicht nur nahe den heutigen Landesgrenzen im Dreiländereck bei Sierck-les-Bains, im südluxemburgischen Gutland, im Bliesgau (südlicher Saarpfalzkreis) und im angrenzenden Pays de Bitche (Bitscher Land) haben sich Hunderte, wahrscheinlich insgesamt mehrere Tausend von ihnen erhalten. Die meisten Kreuze – in der Regel aus Sandstein, später auch aus Granit oder Kunststein gefertigt – findet man abseits der Hauptstraßen in Dörfern, an kleinen Landstraßen und Feldwegen, wo sie von den baulichen Entwicklungen der Städte nicht betroffen waren. Etliche tragen besondere, alte Namen, deren historischer Ursprung manchmal nicht einmal mehr den meisten Einheimischen bekannt ist – so etwa das sogenannte Schmugglerkreuz an der ehemaligen preußisch-bayerischen Grenze (heutige Banngrenze Bliesransbach/Bliesmengen-Bolchen). Auf manchen Wegekreuzen nennen Inschriftentafeln den Grund der Aufstellung, das Jahr, die Stifter und gelegentlich auch den ausführenden Steinmetz. Viele sind aber auch ganz ohne Inschrift oder nur mit einem einfachen „Zur Ehre Gottes“ versehen. Bis zum 19. Jahrhundert brauchten diese Kreuze keine Einfriedung. Erst seit dem frühen 20. Jahrhundert grenzte man den für das Wegekreuz reservierten Raum z.B. durch Eisengitter gegen den öffentlichen Raum ab. Die Zahl der Kreuze, ihr gestalterischer Aufwand und architektonischer Formenreichtum nahmen seit dem Spätbarock kontinuierlich ab – die zuletzt errichteten aus der Zeit nach 1945 sind meist völlig schmucklos und in ihrer Formensprache stark zurückgenommen. Diese Entwicklung in der Volksfrömmigkeit verlief parallel zu der in der offiziellen Sakralkunst. Nach kurzen Zunahmephasen, bedingt durch die beiden Weltkriege, wird heute der Brauch, Wegekreuze zu errichten, praktisch nicht mehr ausgeübt. Lediglich von Vandalismus und Diebstahl betroffene historische Kreuze werden ersetzt, wie kürzlich in Kleinblittersdorf das sogenannte Lennekreuz.

Stellt man heutzutage im Saarland neue Wegekreuze auf, so sind es Totenkreuze, und zwar an Straßen, wo tödliche Unfälle stattfanden. Es sind ausschließlich Holzkreuze, wie man sie für gerade Verstorbene auf dem Friedhof aufstellt, bis der eigentliche Grabstein fertig ist. Wegekreuze werden heutzutage im Saarland und in Luxemburg mehrheitlich als historische Monumente wahrgenommen und stehen in der Regel unter Denkmalschutz. Dagegen ist die Volksfrömmigkeit in Lothringen noch vergleichsweise stark vorhanden. In Lothringen und dem Nordelsaß westlich der Vogesen neigen die praktizierenden Gläubigen auch bis heute dazu, die Kreuze stärker zu verzieren und zu schmücken. Ein Teil der Wegekreuze steht bei den Häusern ihrer Stifter, die weitaus meisten aber am Rand von Wegen und Straßen, sehr häufig an Ortsausgängen und Kreuzungen.

Dem Volksglauben zufolge, der sich aus magischen Vorstellungen über die Bedeutung einer Kreuzung zweier oder mehrerer Wege speiste, bedurfte man unterwegs und besonders an diesen Stellen des göttlichen Schutzes. Viele Sagen, die in christlicher Zeit entstanden, aber den von der Kirche verteufelten Glauben der heidnischen Vorfahren noch widerspiegeln, berichten von unheimlichen Begegnungen an Kreuzungen. Kreuzungen galten z.B. als die Orte, an denen man in bestimmten Nächten auf die sogenannte Wilde Jagd treffen konnte. Die Aufstellung von Wegekreuzen erfolgte oft nach persönlichen Gelübden einzelner Personen, Familien oder ganzer Dörfer, z.B. als Dank für Errettung von Krankheiten, Feuer oder Krieg, für glückliche Heimkehr und Erfolg. Die Pestkreuze von Besch (Gemeinde Perl) lassen sich als verchristlichte Form magischer Krankheitsabwehr verstehen, wenn man die lokalen Sagen betrachtet: In Besch gibt es eine frühneuzeitliche Sage, der zufolge das Aufstellen von Kreuzen rund um das Dorf zumindest eine von mehreren Pestwellen vom Dorf abgewendet habe. Darin verbirgt sich die magische Umgrenzung eines Schutzraumes durch heilige Gegenstände. Andere Wegekreuze erinnern an Unfälle, so etwa das schlichte Eisenguß-Kreuz an der Gabelung eines Feldweges nahe der Banngrenze zwischen Bliesmengen-Bolchen und Bliesransbach (Gemeinde Mandelbachtal bzw. Kleinblittersdorf), das an einen verunglückten Dorfbewohner erinnert. Wo ein Unfalltod die Ursache für die Kreuzerrichtung war, ist der vorchristliche Brauch gespiegelt, demzufolge die Seele jedes plötzlich oder gewaltsam Verstorbenen potentiell als Geist wiederkehren konnte und daher an Ort und Stelle durch ein heiliges Zeichen gebannt und mit Gebeten beschwichtigt werden mußte.

Kreuze wurden früher oft entlang bestimmter Wallfahrts- und Prozessionswege errichtet – ein Beispiel dafür ist der mit mehreren barocken Kreuzen bestückte Prozessionsweg zwischen Bliesransbach und dem Kloster Gräfinthal. In manchen Bereichen der Großregion sind barocke Exemplare besonders zahlreich. Einige reich verzierte und teilweise sehr gut erhaltene Kreuze befinden sich im lothringischen Bitscher Land, so etwa eines mit Kruzifix und Heiligenfiguren über einem Altartisch an einer zentralen Kreuzung des Dorfes Petit-Réderching (Kleinrederchingen): „O Ihr alle/die den Weg Vor-/über gehet merck-/et doch und sehet ob irgens ein Schmer-/tz sey wie mein/Schmertz/1729“. Außerhalb des Ortes befindet sich in nördlicher Richtung an der Gabelung eines Feldweges ein Kreuz mit teilplastischer Pietà-Darstellung, umfriedet von einem Eisengitter. Es wurde fast zwei Jahrhunderte später errichtet, trägt aber das gleiche Motto in der Inschrift: „Errichtet zur Ehre Gottes/durch die Eheleute Peter Schaefer und Elisabeth Lostetter/O Ihr alle, die Ihr Vorüber Gehet/am Wege gebet Acht und Sehet/ob ein Schmerz gleich sei/meinem Schmerz 1914“. Die beiden Inschriften dokumentieren auf sehr engem Raum sowohl eine hohe Kontinuität religiöser Tradition als auch eine kulturelle und sprachliche Einheit über einen sehr langen Zeitraum. Die deutschsprachige Schrift auf dem Kreuz von 1914 kann man jedoch wegen einer mittlerweile direkt davor angepflanzten niedrigen Hecke nur lesen, wenn man ganz nahe an das Eisengitter herantritt. Gegenüber diesem Kreuz befindet sich in rund 50 m Entfernung ein kleinerer Maginot-Bunker (errichtet Mitte bis Ende 1930er Jahre).

Die nationalen Konflikte hinterließen im deutsch-französischen Grenzraum ihre Spuren auch in der Aufstellung von besonderen Wegekreuzen. Auf der lothringischen Seite der Blies, nahe der Banngrenze zwischen Blies-Schweyen und Sarreguemines (Saargemünd), wurde von unbekannten privaten Stiftern 1936 ein Kreuz aufgestellt. Der oder die Stifter lebten offenbar im sicheren Bewußtsein, daß der nächste Krieg unmittelbar bevorstand. Überraschend ist, daß die Inschrift eines auf lothringischer Seite errichteten Kreuzes nicht auf Französisch, sondern weiterhin im traditionell hier gesprochenen Deutsch abgefaßt wurde, was seit 1918 in Lothringen für Inschriften verpönt war. Sie lautet: „Durch Deine Göttliche Sanftmut/gefesselter Jesus, bewahre die/Welt vor der ihr drohenden/Verirrung./Schmerzhafte Mutter Maria/deine Tränen besiegen die/Herrschaft der Hölle/1936.“, darüber ist ein plastisches Kruzifix angebracht.

Kreuzwege

Im Vergleich mit der einfachen Errichtung von Wegekreuzen war die Aufstellung von Kreuzwegen mit ihren 14 Stationen zu aufwendig und kostspielig, als daß sie an vielen Orten durchgeführt worden wäre. Sie erfolgte in der Regel nur dort, wo bereits eine Wallfahrt von einiger Bedeutung existierte. Einige Beispiele aus dem Saarland, wo man Kreuzwege baute, sind Medelsheim (Gemeinde Gersheim), Güdesweiler (Gemeinde Oberthal) und St. Gangolf bei Merzig.

Lourdes-Grotten

Die Verehrung einer göttlichen Erdmutter in natürlichen oder künstlichen Höhlen ist Teil einer religiösen Tradition, deren Kern bis in die Altsteinzeit zurückreicht. Diese Weltenmutter und Schöpferin wurde auch mit St. Maria entsprechend deren Rolle in der biblischen und kirchlichen Überlieferung identifiziert. Die christliche Bezeichnung ist somit die historisch jüngste für eine Muttergottheit mit vielen Namen, d.h. die Grotte von Lourdes und ihre Ableger im Saar-Lor-Lux-Raum zählen zu den historisch jüngsten Formen der Verehrung dieser Gottheit. Als Sakralbauten des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts sind sie Ausdruck der allgemeinen zeitgenössischen Lourdes-Begeisterung, die bis heute weltweite Nachwirkungen zeigt. Die Grotten in unserer Region sind künstlich aus Bruchsteinen gemauerte, höhlenartige Halbrunde, in denen eine Marienfigur steht, meist in der Mitte, oft aber auch im rechten oberen Teil der Wand. Teilweise sind zu Füßen der Marienstatue oder auf dem freien Vorplatz noch zusätzlich eine Statue der knienden Bernadette oder gelegentlich auch Heiligen- und Jesusstatuen aufgestellt. Votivtafeln mit Danksagungen an Maria schmücken jeweils die Wand der Grotte.

Grotten und Kapellen, die dem berühmten Vorbild in Lourdes nachempfunden wurden, bilden innerhalb der katholischen Volksfrömmigkeit eine besondere Gruppe. Sie wurden an oder neben katholischen Kirchen, Friedhöfen oder in privaten Vorgärten angelegt, sind jedoch wegen ihrer aufwendigen Gestaltung nicht annähernd so häufig wie Wegekreuze. Oft dient eine Grotte dem ganzen Dorf als zusätzlicher Andachtsort zur Kirche oder Kapelle. Manche Grotten sind groß und hoch genug, daß man unter dem Dach stehen kann. Die privaten Grotten in Vorgärten gleichen oft ebenerdigen kleinen Bildstöcken. Man findet Lourdes-Grotten in vielen Orten von Lothringen, so etwa in Walschbronn (im Pays de Bitche bzw. Bitscher Land), in Bliesschweyen (im Bliestal) sowie im Raum zwischen Forbach, St. Avold und Boulay-en-Moselle (Bullay). Es gibt sie auch an einigen Orten im Saarland, etwa in Reisbach bei Lebach oder in Theley (Gemeinde Tholey). Die Welle der Errichtung von Lourdes-Grotten, die von Frankreich ausgehend nach Deutschland kam, setzte im damaligen Reichsland Elsaß-Lothringen ein und erreichte spätestens ab 1890 das heutige Saarland. Wegen der vielen Beispiele für Lourdes-Grotten in Lothringen beschränkt sich die folgende Betrachtung auf den grenznahen Raum zum Saarland. Eine private, sehr liebevoll gepflegte und für private Stifter vergleichsweise große Lourdes-Grotte befindet sich auf dem Gelände des Kapellenhofes, eines Bauernhofes zwischen Petit-Réderching (Kleinrederchingen) und Neumuhle (Neumühle).

Nur wenige Kilometer entfernt, am Ortsausgang von Lengelsheim in Richtung Volmunster (an der D 162C, abseits der D 35A), schlug der Lengelsheimer Einwohner Jean Fromholz in 34jähriger Bauzeit ab 1863 eine Grotte aus einem Felsen auf seinem Grundstück. Um die Grotte steht heute eine Fichtenallee, die er damals anpflanzte. Nach der Fertigstellung machte Fromholz eine Pilgerreise nach Lourdes. Die Lengelsheimer Grotte wurde besonders für Frauen, deren Kinder an Ekzemen litten, zum Wallfahrtsort. 1939–1945 fiel die Wallfahrt und jährliche Prozession aus, da die Dorfbewohner in die Charente evakuiert worden waren. Nach ihrer Rückkehr wurde eine unbeschädigt gebliebene Statue des Heiligen Étienne aus der völlig zerstörten Kirche des zerbombten Dorfes Güderkirchen (Guiderkirch) gerettet und bei der Lengelsheimer Grotte aufgestellt. Die von Fromholz geschnitzte hölzerne Marienstatue wurde inzwischen von Vandalen zerstört und 1991 durch eine Steinstatue ersetzt. Ein entfernter Verwandter von Fromholz, Aloyse Fabing, schuf die neue Statue und pflegt die Grotte zusammen mit seinem Nachbarn Aloyse Schwartz.

Ein typisches Beispiel für lothringische Lourdes-Grotten befindet sich rund 30 km weiter westlich in Obervisse (Oberwiese), einem Dorf von rund 100 Einwohnern an der D 25B abseits der D 25 von Boucheporn (Buschborn) nach Bolchen (Boulay-en-Moselle). Die Marienfigur ist in eine Nische rechts oben in der leicht konkaven Bruchsteinwand aufgestellt, eingefaßt von einem Spruchband in französischer Sprache „JE SUIS L’IMMACULÉE CONCEPTION“. Ein Steintisch steht als Altar vor der stärker ausgebuchteten Mitte der Grotte. An der Wand hängen Votivtafeln, meist mit dem Text „Merçi à Marie“. Der Weg zur Grotte ist von der Kirche aus ausgeschildert, was auf ihre überörtliche Bedeutung verweist.

Marienkapellen in der Lourdes-Tradition

Innerhalb der von Lourdes inspirierten Bautradition bilden die in katholische Kirchen des Saarlandes eingebauten Grotten und Kapellen eher die Ausnahme. Die Kapelle „Unsere Liebe Frau von Lourdes“ steht in Düren/Wallerfangen (Schloßstraße). Die neogotische zweijochige Saalkapelle mit eingezogenem Chor (beides mit Kreuzrippengewölbe) wurde 1884 nach Plänen des Saarlouiser Kreisbaumeisters Carl Friedrich Müller errichtet. Eine Grotte im engeren Sinne ist Teil der neogotischen Saalkirche St. Rufus in Niedaltdorf. Die Kirche wurde nach Plänen des Fraulauterner Baumeisters Carl Friedrich Müller mit Westturmfassade und Querhaus errichtet. Im Querhaus der Pfarrkirche befindet sich die nach bisherigen Erkenntnissen älteste deutsche Lourdes-Grotte, die 1890 eingeweiht wurde. Die Grotte steht unter Denkmalschutz. Daß diese beiden frühesten Beispiele sich im Niedtal bzw. in einem Ort auf der Hochebene des Saargaues befinden, verweist auf die historisch und sozial sehr engen Beziehungen der Bevölkerung beiderseits der heutigen Staatsgrenze. In Anlehnung an die Marienverehrung von Lourdes entstanden innerhalb der Region Saar-Lor-Lux mehrere kleinere Wallfahrtszentren. Nur eines davon, die Marpinger Wallfahrt, geht auf ein konkretes Ereignis zurück. Die Marienerscheinung vom 6. April 1876 konnte weder bewiesen noch widerlegt werden, hat jedoch zu einer bis heute wirkenden Wallfahrtsbewegung geführt. Im Saarrevier des 19. Jahrhunderts war für die vielen Zuwanderer aus dem Hunsrück und der Pfalz in die Industrieorte ihr katholischer Glaube der einzige Halt. Die Marpinger Marienerscheinung stand im Kontext des sogenannten Kulturkampfes (1873–1880) um die Stellung der katholischen Kirche im Deutschen Reich. Die Ereignisse in Marpingen entwickelten sich zu einem Prüfstein für die preußische Politik an der Saar, die mit rigoroser Eindämmung auf diese Manifestation von Volksfrömmigkeit reagierte. Immer wieder haben seit damals Frauen aus Marpingen angegeben, solche Erscheinungen erlebt zu haben – zuletzt 1999.

Mariensäulen

Die Mariensäulen sind im Vergleich mit den Wegekreuzen und Lourdes-Grotten sehr selten. Die aus Sandstein gefertigten Säulen des späten 19. bis frühen 20. Jahrhunderts porträtieren Maria in der Tradition ihrer Verehrung als Himmelskönigin. Diese Tradition reicht wie die Verehrung der Erdmutter bis in die Steinzeit zurück. Die formale Gestaltung der Mariensäulen erinnert möglicherweise nicht ganz zufällig an die Jupiter-Gigantensäulen der gallorömischen Zeit, von denen allein 25 für die Grenzregion nachgewiesen worden sind. Mariensäulen wurden in der Regel von einzelnen Stiftern oder Familien auf deren Privatgrundstücken errichtet. Am Ortsausgang von Walsheim (Gemeinde Gersheim) steht rechter Hand an der Straße nach Seyweiler eine sehr gut erhaltene, rund 5 m hohe Säule auf dem Privatgrundstück des Marienhofes. Sie zeigt Maria im weiten Mantel, mit einer hohen Krone und einem Szepter in der rechten Hand. Die Säule steht auf einem quadratischen Sockel mit Inschrift auf drei Seiten. Unter dem auf Maria gemünzten Bibelspruch aus Lukas 4, 28 wird auf der Schauseite die Stiftung durch „Familie Johann Krämer/1931“ genannt. Daß die Säule von einer Bauernfamilie mit der Hoffnung auf gesegnetes Wirtschaften errichtet wurde, bestätigt die Inschrift auf der rechten Seite: „Maria/Dir befehlen wir, was/grünt und blüht auf Erden“. Die Zuschreibung alles Lebendigen und vor allem der Schutz der Früchte der Erde verweist auf den gleichen vorchristlichen Kontext, dem auch die Lourdes-Grotten entstammen, nämlich auf die Anrufung der Erdmutter.

Quellen und weiterführende Literatur

Becker, Bernhard, Wegekreuze im Saarpfalzkreis, Homburg 1993.

Oberhauser, Gabriele, Wallfahrten und Kultstätten im Saarland, Saarbrücken 1992.

Staatliches Konservatoramt des Saarlandes (Hg.), Denkmalliste des Saarlandes, Saarbrücken 1996, erstellt vom Referat 2: Inventarisation und Bauforschung (Dr. Georg Skalecki), Stand: 1.8.1996, S. 126 und 255.

Thinnes, Margarethe, Wegekreuze und Bildstöcke im Saarland, Saarbrücken 1985.

 

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Memotransfront - Stätten grenzüberschreitender Erinnerung Rainer Hudemann unter Mitarbeit von Marcus Hahn, Gerhild Krebs und Johannes Großmann (Hg.): Stätten grenzüberschreitender Erinnerung – Spuren der Vernetzung des Saar-Lor-Lux-Raumes im 19. und 20. Jahrhundert. Lieux de la mémoire transfrontalière – Traces et réseaux dans l’espace Sarre-Lor-Lux aux 19e et 20e siècles, Saarbrücken 2002, 3., technisch überarbeitete Auflage 2009. Publiziert als CD-ROM sowie im Internet unter www.memotransfront.uni-saarland.de.