Memotransfront - Stätten grenzüberschreitender Erinnerung
   
    Druckversion (PDF)    
 

Roger Seimetz

Bahnhof Luxemburg

Gare Centrale, Place de la Gare, Luxemburg

Baugeschichte

Staat und Stadt Luxemburg beginnen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Hauptstadt Luxemburg unter gewaltigen Anstrengungen und nach verbesserten urbanistischen Prinzipien neu zu ordnen, sie zu erweitern, den festen, einheitlichen Stadtkörper aufzulockern und Raumfreiheit anzustreben, mit der Absicht vor allem, ein leistungsfähiges Verkehrsnetz innerhalb des Stadtareals und nach außerhalb – auch unter militärischen Aspekten – aufzubauen. Ursprünglicher Besitzer des Bahnhofs: Société Impériale des Chemins de Fer Alsace-Lorraine, welche die Société des Chemins de Fer Guillaume-Luxembourg (2. März 1857 gegründet) verwaltete. Die Lage des Bahnhofs wurde bereits 1856 in Verwaltungskommissionen vertraulich besprochen und durch Militärvertreter auf einen „Terrain vor den Thionviller Werken“ als „annehmbar“ erklärt. Strategie: Die vier Bahnlinien (Trier–Saarbrücken–Mainz, Straßburg–Nancy–Metz, Antwerpen–Brüssel, Lüttich–Spa) dürfen im Falle eines Einmarschs – Luxemburg war zu dieser Zeit noch Bundesfestung – nicht vereinigt werden können. Am 5. Juni 1858 beschloß die Eisenbahngesellschaft „den Bau des Bahnhofs auf dem Gebiete der Gemeinde Hollerich, Sektion Bonneweg“ (heute „Garer Quartier“) und ermöglichte eine kurze und leichte Verbindung der beiden Zentren „Festungsstadt“ und „Bahnhof“ (Bau der „Nei Bréck“ bzw. „Adolph-Brücke“ über das Alzettetal). Als Lieblingsplatz der öffentlichen Meinung trat für die Ausgestaltung eines Bahnhofs immer wieder das Heilige Geist-Plateau an die erste Stelle (Personenzugbahnhof/Züge über die „Passerelle“). Am 30. Oktober 1858 um 14:30 wurde mit der Grundsteinlegung des neuen Bahnhofs der offizielle Auftakt zu den Um- und Neubauten in Luxemburg gegeben. Der Bau mußte in Holz ausgeführt werden: Bahnhofs-Fort, 250 m x 150 m. Eine Ausdehnung der Bahnhofsanlagen (durch die deutsche Verwaltung) wurde nach den Kriegswirren 1870/1871 notwendig (31. Juli 1874). Am 16. Juli und 11. November 1902 wurde der Zollvereins- und Eisenbahnvertrag mit Deutschland um 57 Jahre verlängert; eine der Hauptfolgen war der Großausbau des Hauptbahnhofs nach modernsten Gesichtspunkten. Planender Architekt war der Geheime Oberbaurat Alexander Rüdell aus Berlin; die Ausführung oblag dem Regierungs-Baumeister Karl Jüsgen aus Köln; + Architekt Scheuffel, Deutschland; Unternehmer war die Firma Ledrut und Schrader, Luxemburg; 21. November 1911: Aufsetzen der Wetterfahne auf dem Hauptbau (von Klempnermeister J. P. Welter).

Baujahre: 1858/1903–1913.

Baugestalt

Klassizistisch-historischer Bau mit Farbglasfenstern. Entwurf (1903) im Maßstab 1:500

Stilistische Eigenart: Portrait-Galerie Luxemburger Herrscher und Staatsmänner. Beim Bauen des Bahnhofsgebäudes und der Bahnhofsanlagen geschah die Schaffung des neuen Ortes in mehreren Schritten: Bauträger und Architekten begannen mit der Standortwahl für den Bau (Bauplatz), schritten fort zur Lage, d.h. vor allem zur Ausrichtung des Baus in enger Verbindung mit dem Zugang (der Wegeführung zum Bau), berücksichtigten maßgeblich die Verkehrsanbindung und die Öffnung der Stadt, um sodann die Form des Baus mit diesen Aspekten in Beziehung zu setzen, in anderen Worten, den Kontext einer Stadtneuordnung im Sinne historistischer Planvorstellung herzustellen. Bahn- und Brückenbauten auf dem Stadtgebiet wurden durch die englische Firma Waring Brothers durchgeführt, deren Pläne gehen auf die Guillaume-Luxembourg Ingenieure H. H. Grenier und Letellier zurück (Viadukte und die „Passerelle“, die „Alte Brücke“ bzw. „Al Bréck“).

Bauliche Veränderung

Neunziger Jahre des 20. Jahrhunderts: Neuer Bahnsteig; künstlerische Bemalung der Hallendecke; Instandsetzung der Hygieneanlagen; Gepäckförderband für sämtliche Bahnsteigtreppen und im Hallentreppenbereich.

Planung: TGV-Bahnsteig.

Historischer Zusammenhang

Man plante vom Personen- und Postverkehr zum Bau der Eisenbahnen; Poststraßen hatten bereits im ausgehenden 18. Jahrhundert internationale Verbindungen.

Denkmalwert

Monument national 1989.

Quellen und weiterführende Literatur

Berger, Rolf und Eva, Bauwerke betrachten, erfassen, beurteilen, Augsburg 1999.

Koltz, Jean-Pierre, Baugeschichte der Stadt und Festung Luxemburg, 3 Bde., Luxemburg 1946/51.

Philippart, Robert L., Historismus in Luxemburg, Eigenverlag 1989.

 

>> zurück zum Seitenanfang

   
   
   
Memotransfront - Stätten grenzüberschreitender Erinnerung Rainer Hudemann unter Mitarbeit von Marcus Hahn, Gerhild Krebs und Johannes Großmann (Hg.): Stätten grenzüberschreitender Erinnerung – Spuren der Vernetzung des Saar-Lor-Lux-Raumes im 19. und 20. Jahrhundert. Lieux de la mémoire transfrontalière – Traces et réseaux dans l’espace Sarre-Lor-Lux aux 19e et 20e siècles, Saarbrücken 2002, 3., technisch überarbeitete Auflage 2009. Publiziert als CD-ROM sowie im Internet unter www.memotransfront.uni-saarland.de.