Memotransfront - Stätten grenzüberschreitender Erinnerung
   
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Gerhild Krebs

Ehemalige Grube Von der Heydt

Von der Heydt, Burbach/Saarbrücken

Grube Von der Heydt (1849–1965)

Der systematische Abbau von Kohle im Burbachtal und anderen Tälern des Saarwaldes ist bereits seit der Mitte des 18. Jahrhunderts, zum Teil durch die sogenannten Bauerngruben auch schon wesentlich früher belegt. Fehlende Wege für den Abtransport und die technisch zunächst unlösbaren Probleme der Wasserhaltung verhinderten jedoch einen Ausbau der kleinen Stollengruben. Dies änderte sich mit der Ankunft der Eisenbahn, die eine infrastrukturelle und industrielle Revolution an der Saar auslöste: Noch während des Baues der deutsch-französischen Eisenbahnlinie zwischen Bexbach und Forbach ließ die preußische Bergwerksverwaltung entlang der Strecke mehrere neue, sogenannte Eisenbahngruben abteufen, darunter Von der Heydt, Heinitz, Reden, Altenwald und Dudweiler. Mit dem Stollen im Köllertaler Wald, benannt nach dem damaligen preußischen Handelsminister August Freiherr von der Heydt (1801–1874), wurde 1849 begonnen. Der Aufschluß der Grube erfolgte von der Muttergrube Gerhard her. 1852 wurde der neue Stollen (Von der Heydt-Stollen) zur selbständigen Grube erklärt. Die nahegelegene private Grube Jägersfreude, deren erste Stollen 1809 unter französischer Herrschaft gegraben worden waren, wurde 1850 in den preußischen Staatsbergbau integriert und an die Grube Von der Heydt angeschlossen. Zum Anschluß Von der Heydts an die 1852 fertiggestellte Bahnlinie mußte eine Stichstrecke durch das Burbachtal (heute: Weyerbachtal) in den Wald gelegt werden. Am 15. November 1852 wurde das neue Grubenfeld im Beisein seines Namensgebers und des französischen Handelsministers Magné feierlich seiner Bestimmung übergeben. Unter Tage verband der Burbachstollen (ausgebaut 1855–1861) die neue Grube mit dem Fischbachtal. Die Bergwerksdirektion trieb zwecks Erhöhung der Produktivität den Ausbau der technischen Anlagen, Stollen und Schächte voran und verdoppelte bis 1855 die Belegschaft auf 1583 Mann. Die Amelungschächte I und II (abgeteuft 1885 bzw. 1899) belegen den Übergang vom Stollen- zum Schachtbau und erwiesen sich als bergwirtschaftlich ertragreichste Schächte Von der Heydts. Die Ausbaupolitik der preußischen Bergwerksverwaltung drückte sich 1861 auch in der Einrichtung der Berginspektion III mit Sitz in Von der Heydt aus, von wo aus mehrere Gruben bzw. Schachtanlagen verwaltet wurden – neben Von der Heydt selbst die Gruben Steinbach, Lampennest, Schacht Neuhaus und ab 1922 der neu abgeteufte Pasteurschacht bei Saarbrücken. Bereits 1885 förderten die mittlerweile 2777 Von der Heydter Bergleute mehr als 700000 Tonnen Kohle. Diese Ausbaupolitik traf mit dem Wirtschaftsboom der Nachkriegszeit 1871–1876 zusammen, der wiederum eine Hochkonjunktur des Kohleabsatzes auslöste. Belegschaftserhöhung und Eröffnung weiterer Schächte wurden als damals einzig mögliche Formen von Produktionssteigerung bis nach der Jahrhundertwende angewandt. Grubendirektor Jahns, zuletzt trug er den Titel eines Geheimen Bergrates, leitete die Grube 25 Jahre lang. Er mußte abdanken, als die Grube 1919 an die französische Bergwerksverwaltung überging. Bedingt durch die mittlerweile verbesserte Abbau- und Fördertechnik insbesondere ab Mitte der 1920er Jahre hatte die Ausbaupolitik der Mines Domaniales einen technischen Ausbau und einen Abbau der Belegschaften zur Folge. Wegen der Weltwirtschaftskrise legte die französische Grubenverwaltung 1932 die Steinbach- und Amelungschächte der Grube still, der sonstige Betrieb wurde weitergeführt. Einige der stillgelegten Schächte wurden nach dem Zweiten Weltkrieg erneut in Betrieb genommen. Ab 1951 dienten die Schächte von Grube Von der Heydt als Bewetterungsschächte (Frischluftzufuhr) für Grube Viktoria (Püttlingen). 1965 wurde die gesamte Grube Von der Heydt endgültig stillgelegt. Von den Tagesanlagen am Talgrund ist wenig erhalten. Neben dem Fördermaschinenhaus (1855/1856) von Schacht Amelung I, das heute eine Bootswerkstatt beherbergt, gibt es weitere Relikte der Tagesanlagen: Steigerhaus mit Lampenbude von 1904 (Von der Heydt 48), Bahnhof (ca. 1870), Maschinenhaus und Magazin (1885/1886), in dem sich heute eine Schreinerwerkstatt befindet. Das Stollenmundloch des Burbachstollens wurde 1855–1861 aufgefahren; es befindet sich nördlich vom Magazingebäude am Hang. Alle anderen Tagesanlagen wurden ab 1965 abgerissen, die Amelung-Schächte I und II verfüllt und die Stollenmundlöcher vermauert.

Quellen und weiterführende Literatur

Krebs, Gerhild, Geschichte des Köllertals 1918–1948. Die Dörfer Köllerbach und Püttlingen, Manuskript.

Oberhauser, Fred, Das Saarland. Kunst, Kultur und Geschichte im Dreiländereck zwischen Blies, Saar und Mosel, 2. Auflage, Köln 1999 (Dumont Reiseführer), S. 17, 40, 129–130.

Schmitt, Armin, Denkmäler saarländischer Industriekultur. Wegweiser zur Industriestraße Saar-Lor-Lux, 2. Auflage, Saarbrücken 1995, S. 156–161, Zitate S. 158, 159.

Serve, Hans-Jürgen, „Diese Leute gehen Sonnabend in ihre Heimath...“. Bergmannsleben in Von der Heydt, in: Mallmann, Klaus-Michael/Paul, Gerhard u.a. (Hg.), Richtig daheim waren wir nie. Entdeckungsreisen ins Saarrevier 1815–1955, 2. Auflage, Bonn 1988, S. 50–55.

Staatliches Konservatoramt des Saarlandes (Hg.), Denkmalliste des Saarlandes, Saarbrücken 1996, erstellt vom Referat 2: Inventarisation und Bauforschung (Dr. Georg Skalecki), Stand: 1.8.1996, S. 142–143, 289–290.

Stadtverband Saarbrücken (Hg.), Werkswohnungen des Preußischen Bergfiskus und der Mines Domaniales Françaises. Eine Dokumentation zum Werkswohnungsbau der preußischen und französischen Grubenverwaltung zwischen 1815 und 1935 im Stadtverband Saarbrücken, Saarbrücken 1985, S. 74–76. Anmerkung: die Dokumentation macht keine Angaben zum Umbau von Schlafhaus II.

Landesarchiv Saarbrücken, Bestand Depositum Bürgermeisterei Riegelsberg, Nummer 158 grün, 168 grün, 178 grün. Anmerkung: vorläufige Bestandsnummern; gesichtet durch Gerhild Krebs 1996/1997.

 

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Memotransfront - Stätten grenzüberschreitender Erinnerung Rainer Hudemann unter Mitarbeit von Marcus Hahn, Gerhild Krebs und Johannes Großmann (Hg.): Stätten grenzüberschreitender Erinnerung – Spuren der Vernetzung des Saar-Lor-Lux-Raumes im 19. und 20. Jahrhundert. Lieux de la mémoire transfrontalière – Traces et réseaux dans l’espace Sarre-Lor-Lux aux 19e et 20e siècles, Saarbrücken 2002, 3., technisch überarbeitete Auflage 2009. Publiziert als CD-ROM sowie im Internet unter www.memotransfront.uni-saarland.de.