|
||||
Druckversion (PDF) | ||||
Rainer HudemannSoucht – Bahnhofsarchitektur im ReichslandSoucht, Nachbardorf von Meisenthal etwa 15 km südsüdwestlich von Bitche, war eine der frühen Produktionsstätten der lothringischen Glasindustrie seit 1629 und die einzige in der Region, die nach den Verwüstungen im Dreißigjährigen Krieg noch weiterarbeitete. Holzmangel veranlaßte die Besitzer 1700 zur Aufgabe in Soucht und zum Aufbau einer neuen Glashütte im benachbarten Meisenthal, die bis 1969 Bestand haben sollte. Soucht stellt seitdem Arbeitskräfte für die umliegenden Glashütten, in Meisenthal bis 1969, in Goetzenbruck (Brillengläser) und vor allem in der nahen, berühmten Cristallerie Royale de Saint-Louis-lès-Bitche (1767 gegründet) bis heute. Ab 1930 wurde Soucht zum Dorf der Holzpantinen-Hersteller, der Sabotiers, denen heute ein interessantes kleines Museum mit alten Produktionsanlagen und mit Holzpantinen („Klumbe“) aus der ganzen Welt gewidmet ist. Ein „Sabotier“ ist im Dorf noch tätig und führt die Produktion vor. Die Glasindustrie in der Region und die Erfordernisse des Transportes der Arbeitskräfte zu weiter entfernten Produktionsstätten brachten auch kleinen Dörfern wie Soucht in der Reichslandzeit den Bahnanschluß. Vor allem zur Erschließung der Glasfabriken in Saint-Louis und Meisenthal wurde 1895–1897 eine Bahnlinie von Wingen-sur-Moder – elsässische Station an der Bahnlinie Saargemünd–Straßburg und Sitz der Glaskunstfirma Lalique – über die Stationen Rosteig, Soucht und Meisenthal nach Münzthal-Saint-Louis (Saint-Louis-lès-Bitche) angelegt; ihre Weiterführung über Volmunster bis in die Pfalz wurde durch den Ersten Weltkrieg verhindert. Das Beispiel Metz steht in diesem Kapitel für die monumentale Bahnhofsarchitektur in Großstädten der Grenzregion. Soucht ist ein Beispiel für die kleinsten Einheiten und die verkehrstechnische Erschließung des Reichslandes durch die Bahn. Im ganzen Reichsland wurden die Bahnhöfe in nach ihrer Funktion abgestuften Typen gebaut. Der Niedergang der Glasindustrie mit der Schließung des Werkes Meisenthal 1969 und der wachsende private Automobilbesitz führten 1969 zur Schließung der Linie durch die SNCF. Der Bahnhof ist heute privates Wohnhaus. Das Verschwinden des „Ziggel“ und die baldige Reduzierung des zunächst zugesagten gleichwertigen Ausgleichs durch privat betriebene Buslinien verstärkten die Benachteiligung dieser Region, in der die lokalen Erwerbsmöglichkeiten ohnehin immer mehr zurückgingen, im Vergleich zum besser entwickelten, industrialisierten Westen des Departements Moselle. Quellen und weiterführende LiteraturSoucht. Village du Pays de Bitche 1629–1979, 1979; wieder aufgelegt in einem Band zusammen mit einer neuen Jubiläums-Publikation: Soucht. Village des Verriers et des Sabotiers, Sarreguemines 1999.
|
||||
|