Memotransfront - Stätten grenzüberschreitender Erinnerung
   
    Druckversion (PDF)    
 

Sigrid Barmbold

Evangelische Kirche Sarreguemines

21, Rue Georges V, Sarreguemines

1898 wurde die im neugotischen Stil errichtete evangelische Kirche mit ihrem schlanken Pfeilturm nach eineinhalbjähriger Bauzeit eingeweiht. Für die Planung der Architektur war der Metzer Stadtbaurat Wahn zuständig, die Bauleitung übernahm der Saargemünder Stadtbaurat Bérang. Durch die Zusammenarbeit von einheimischen mit auswärtigen Unternehmen (Unternehmer Fink aus Forbach, Ziegelhersteller Siebler aus Saargemünd, Malerbetrieb Poinsignon aus Saargemünd, die Fenster wurden von Zentner aus Wiesbaden angefertigt und die Glocken kamen aus Thüringen) nahm die Kirche allmählich Gestalt an. Das ganze wurde vorangetrieben von dem energischen Pfarrer Gangloff (AMS 4M 21, VI/8). Die erste protestantische Kirche wurde 1845 eingeweiht, ihr Langschiff ist heute noch am ehemaligen Cinéma Central (Ecke Rue Maréchal Foch und Rue de la Cité) zu sehen. Nach 1871 setzte sich der Zuwachs der evangelischen Bevölkerung hauptsächlich aus der Zuwanderung deutscher Staatsangehörigkeit beziehungsweise Gebürtigkeit zusammen. Diese sogenannte „altdeutsche“ Bevölkerung fand in Industrie und Handel, in der Verwaltung Beschäftigung und auch das Militär machte einen großen Anteil aus. 1890 befanden sich 3330 Protestanten in der Stadt, das waren 25% der Gesamteinwohnerzahl. Dieser gewaltige Bevölkerungszuwachs machte den Bau einer neuen Kirche dringend erforderlich.

Die Platzgestaltung war typisch für die damalige Zeit: Kirchen sollten auf einem offenen Platz stehen und vor allem wurde eine ruhige Lage ohne Verkehrslärm bevorzugt. Von der Saar her konnte man direkt durch die im Alignementplan neu genehmigte Straßenflucht auf die Kirche schauen. Auch dies war aus städteplanerischer Sicht sehr erwünscht („point de vue“). Heute ist der Blick durch den Bau des „Foyer Culturel“ verstellt. Die Kirche mit dem Grundriß eines griechischen Kreuzes und einem Turmaufbau über der Vierung ähnelt stark der etwas später von Wahn und Hermüller erbauten evangelischen Kirche in Metz. Auch heute noch werden in der Evangelischen Kirche von Sarreguemines zweisprachige, französische und deutsche Gottesdienste abgehalten. Die deutsch-französische Kontaktgruppe der Kirche (1994 gegründet) gibt Gelegenheit, sich gegenseitig kennenzulernen und die Umgebung beiderseits der Grenze gemeinsam zu entdecken (Fred Mayer, S. 125).

Quellen und weiterführende Literatur

Archives Municipales de Sarreguemines 4 M 21, VI/8 Neubau einer evangelischen Kirche.

Bieber, Philippe, La Communauté protestante de Sarreguemines, Societé d’Histoire et d’Archéologie de Sarreguemines 1988.

Mayer, Fred, Une Paroisse de confluence, Le Livre du Centenaire 1898–1998. Histoire de la paroisse protestante de Sarreguemines, Drulingen 1998.

 

>> zurück zum Seitenanfang

   
   
   
Memotransfront - Stätten grenzüberschreitender Erinnerung Rainer Hudemann unter Mitarbeit von Marcus Hahn, Gerhild Krebs und Johannes Großmann (Hg.): Stätten grenzüberschreitender Erinnerung – Spuren der Vernetzung des Saar-Lor-Lux-Raumes im 19. und 20. Jahrhundert. Lieux de la mémoire transfrontalière – Traces et réseaux dans l’espace Sarre-Lor-Lux aux 19e et 20e siècles, Saarbrücken 2002, 3., technisch überarbeitete Auflage 2009. Publiziert als CD-ROM sowie im Internet unter www.memotransfront.uni-saarland.de.