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Gerhild KrebsWinterbergdenkmal (1874–1939)Winterberg, SaarbrückenBaugeschichteDas Winterbergdenkmal wurde nach dem Ende des Deutsch-Französischen Krieges (1870/1871) in dreijähriger Bauzeit 1872–1874 auf der höchsten Erhebung zwischen Saarbrücken und Spichern (Spicheren) errichtet. Auf Betreiben einer Gruppe einflußreicher Saarbrücker Bürger, darunter ein Mitglied der Familie Böcking, war es als Siegesdenkmal zur Erinnerung an die Schlacht von Spichern (6. August 1870) und zur Feier des gewonnenen Krieges gedacht und geplant worden. Um das aufwendige Denkmal in Gestalt eines halb neoromanischen, halb neogotischen Turmes mit umlaufender Wandelhalle, gestaltet nach dem Vorbild des Königsstuhls von Rhense, zu finanzieren, wurde ein Denkmalbauverein gegründet und mit Hilfe von Spenden aus der Bevölkerung das Geld für den Bau zusammengetragen. Kaiser Wilhelm I. stiftete zusätzlich 2000 Taler aus seiner Privatschatulle. Der Entwurf zum Denkmal stammte von Regierungsrat Lieber (Düsseldorf, zuvor zeitweise Bauinspektor in Saarbrücken). Als „erstes deutsches Nationaldenkmal“, wie die Saarbrücker Zeitung den hohen Anspruch formulierte, wurde das Denkmal in Anwesenheit des preußischen Kriegsministers von Kameke am 9. August 1874 feierlich eingeweiht. Bei dieser Gelegenheit erhielten Saarbrücken und St. Johann die kaiserliche Erlaubnis, künftig als äußeres Zeichen ihrer nationalen Bedeutung die preußischen Farben zu führen; die früheren Wappen erschienen seither bis zur Großstadtgründung 1909 im Brustschild der neuen Wappen beider Städte. Auf der nach Frankreich gewandten Seite des Turmes in Blickrichtung zum historischen Ort der Schlacht war die Inschrift „Deutschlands Helden 1870–1871" angebracht. Auf halber Höhe trug der Turm ein Reliefband mit den Namen der deutschen Regimenter, die an den Kämpfen im Juli und August 1870 beteiligt gewesen waren. Der Turm mit Steinhelm und Zinnenkranz an der Helmbasis, allein schon 20 m hoch, stand auf einem künstlichen Hügel und war umgeben von einer fünf Meter hohen, zehnseitigen Halle, die von spitzrunden Bögen durchbrochen war. Aufgrund dieser Konstruktion auf dem Bergplateau und der exponierten geographischen Lage des Winterberges am Talrand der Saar war das Denkmal weithin sichtbar. Die Halle symbolisierte im zeitgenössischen Verständnis die Einheit der verschiedenen deutschen Stämme, der Turm die siegreichen Truppen. In weiterer, pseudohistorischer Deutung wurde der Turm auch als Abbild der einstigen germanischen Irminsul (Irminsäule) und des Sieges der einigen deutschen Nation angesehen. Regionalhistorischer KontextDie Schlacht vom 6. August 1870 galt nicht nur in den Saarstädten, sondern auch reichsweit als eines der Symbole der nationalen Einigung und Erneuerung Deutschlands; zur Erinnerung an Spichern wurde z.B. in Berlin eine Straße benannt. Das Winterbergdenkmal avancierte schon bald zum Wahrzeichen und Inbegriff Saarbrückens. Auf vielen Postkarten, Briefköpfen, Plakaten usw. fand es seit 1874 Verwendung und wurde nicht nur reichsweit, sondern auch international als Wahrzeichen für das Land an der Saar wiedererkannt. Für auswärtige Besucher gehörte seit den 1880er Jahren ein Besuch dieses Denkmals, des Schlachtfeldes auf den Spicherer Höhen mit dessen Denkmalen und ein Besuch des Friedhofs im Ehrental zu den Hauptattraktionen Saarbrückens, die in Stadtführern angepriesen wurden. In dem Maße, wie mit den Jahren die Erinnerung an die Schrecken des Krieges abnahm, wandelte sich für die meisten Einheimischen der Spaziergang auf den Winterberg von einem Akt der bewußten Erinnerungskultur zu einer Form der Freizeitgestaltung. Der politische Charakter des Denkmals als Monument des Sieges über den französischen „Erbfeind“ wurde erst wieder im und nach dem Ersten Weltkrieg verstärkt empfunden und betont, besonders, als das Saargebiet nach den Bestimmungen des Versailler Vertrages (28. Juni 1919) für 15 Jahre vom Reichsgebiet abgetrennt wurde. Am 11. August 1929 wurde im Rahmen einer Verfassungsfeier im Saargebiet das Winterbergdenkmal in den Reigen der auf den Hügeln abbrennenden Höhenfeuer einbezogen. Auf Reichsgebiet nutzte der Bund der Saarvereine das Winterbergdenkmal als Vereinssymbol. Der Bund der Saarvereine war eine private propagandistische Vereinigung zum Zweck der Werbung für die Rückkehr des abgetrennten Saargebietes zu Deutschland; er wurde von den jeweiligen Reichsregierungen finanziell und organisatorisch unterstützt. Das Denkmal wurde von den Saarvereinen bei jeder Gelegenheit genutzt. Anläßlich ihrer Bundestagung 1934 auf dem Koblenzer Ehrenbreitstein wurde eine Brücke aus Schiffen über den Rhein gebildet, in deren Mitte ein Modell des Denkmals montiert war. Im Beschluß der neu gegründeten Ortsgruppe in Gelsenkirchen-Neustadt hieß es: „Solange es noch Saardeutsche gibt, solange ein Winterbergdenkmal stolz hinab ins Saartal blickt als Sinnbild einst ruhmvoller Tage für die Bewohner und als Sinnbild der preußisch-deutschen Kraft, mit der vereint das Saargebiet zu Blüte und zu Wohlstand gelangt ist, solange wird kein echter deutscher Saarsohn seine deutsche Mutter verleugnen.“ Der pathetische Ton wurde im Abstimmungskampf um die Zukunft der Saar (1933–1935) ständig angeschlagen, besonders bediente sich die sogenannte Deutsche Front des einstigen emotionalen Gehalts des Denkmals: In vielen Reden wurde an die Schlacht erinnert, politisch motivierte Ausflüge zum Denkmal wurden organisiert. Die Deutsche Front war eine propagandistische Vereinigung zum Zwecke der Rückkehr der Saar zu Deutschland. Sie war vom NS-Regime gelenkt und mit großen Summen finanziert. Seit der Volksabstimmung am 13. Januar 1935 wehte eine Hakenkreuzfahne auf dem Denkmal. Zur Feier am 1. März 1935 anläßlich der Rückkehr der Saar zum Deutschen Reich überragte ein riesiges, nachts beleuchtetes Hakenkreuz das Denkmal. Das Pathos um das Denkmal endete, als der nächste Krieg begann: Wenige Tage nach Kriegsbeginn sprengten die Nationalsozialisten am 10. September 1939 das Winterbergdenkmal, um angreifender feindlicher Luftwaffe und Artillerie keinen Orientierungspunkt zu bieten. Nach dem Krieg hatte sich das Bedürfnis nach einem solchen Denkmal verflüchtigt. Nach der zweiten Volksabstimmung 1955 und der Eingliederung des Saarlandes in die Bundesrepublik wurde 1957/1958 noch einmal ein symbolischer Bezug auf das Winterbergdenkmal versucht: Es wurde zum Emblem der Zeitschrift „Saarheimat“ und des Saarländischen Heimat- und Kulturbundes erhoben. In der „Saarheimat“ erschien außerdem 1975 ein Spendenaufruf zum Wiederaufbau des Winterbergdenkmals durch das „Kuratorium zum Wiederaufbau des Winterbergdenkmals Saarbrücken“ bzw. den „Verband deutsches Afrika-Korps, Kreiskameradschaft Saarbrücken e.V.“. Der Sockel wurde wieder aufgemauert. Der Aufruf und diese Teilrekonstruktion blieben jedoch ohne nationalistischen Widerhall in der breiten Mehrheit der Bevölkerung und bei den Behörden des Saarlandes. Die Reste des Denkmals sind frei zugänglich, eine Parkmöglichkeit besteht an den benachbarten Winterbergkliniken. Quellen und weiterführende LiteraturPaul, Gerhard, Das Winterbergdenkmal, in: Mallmann, Klaus Miachael/Paul, Gerhard/Schock, Ralph/Klimmt, Reinhard (Hg.), Richtig daheim waren wir nie. Entdeckungsreisen ins Saarrevier 1815–1955, 3. Auflage, Saarbrücken 1995, S. 82f. Saarheimat 1 (1957), 2 (1958), 19 (1975), S. 184. Stadtarchiv Saarbrücken, Bestand Bürgermeisterei Alt-Saarbrücken, Nummer 153, 154, 1120. Für Hinweise zur propagandistischen Nutzung des Denkmals ab 1929 sowie zu den Vorgängen 1957/1958 bzw. 1975 dankt die Verfasserin Herrn Frank Becker (Saarbrücken).
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