Memotransfront - Stätten grenzüberschreitender Erinnerung
   
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Gerhild Krebs

Eisenbahnlinie Saarbrücken–Sarreguemines

Preußische Brücke zwischen Rilchingen-Hanweiler/Kleinblittersdorf und Sarreguemines

Baugeschichte

Die Bahnlinie Saarbrücken–Saargemünd (Sarreguemines) wurde 1867–1869 als deutsch-französische Verbindung und Fortsetzung der schon bestehenden Bahnlinie Saargemünd–Niederbronn–Hagenau (Haguenau) gebaut. Die zugehörige Eisenbahnbrücke beim damaligen Ort Hanweiler, Preußische Brücke genannt, sollte zugleich Fußgängerbrücke nach Saargemünd sein. Die Kosten für diese zusätzliche Brückenfunktion finanzierten die französische und preußische Regierung im Verhältnis 9 zu 13. Ende Mai 1870 war die Bahnlinie fertiggestellt und wurde am 1. Juni eröffnet. Im Juli 1870 spitzte sich die politische Lage zwischen Frankreich und Deutschland zu, so daß die französischen und deutschen Eisenbahnen am 16. Juli jeweils ins Landesinnere zurückgezogen wurden. Die neue Eisenbahnbrücke wurde von den Preußen am 22. Juli gesprengt. Da Frankreich am 19. Juli Deutschland den Krieg erklärt hatte, änderte sich bis zur Schlacht von Spichern (6. August 1870) nichts – die kaum in Betrieb genommene Strecke war gleich wieder verwaist. Die Strecke nach Hagenau passiert auch die Stadt Bitche (Bitsch) und spielte daher während des Deutsch-Französischen Krieges um ihrer strategischen Bedeutung willen eine wichtige Rolle bei der Belagerung und Verteidigung der dortigen Festung. Die Preußische Brücke wurde gegen Ende des Zweiten Weltkrieges von deutschen Truppen gesprengt und nach Kriegsende wieder aufgebaut. Bis heute dient sie als Bahn- und Fußgängerbrücke.

Regionalhistorischer Kontext

Die Strecke verband nicht nur Saarbrücken und Saargemünd, sondern zugleich das Saarrevier und Ostlothringen mit dem Elsaß, d.h. dem gesamten Oberrhein: Über Hagenau und Straßburg (Strasbourg) gingen Bahnlinien weiter nach Ludwigshafen, dem südlichen Elsaß und der Westschweiz. Die Strecke Saarbrücken–Saargemünd wurde nicht für den regionalen Bedarf gebaut, sondern war Teil eines damals vieldiskutierten Konzeptes für die durchgehende Verbindung von Paris und Brüssel (über Hagenau) mit Basel und weiter mit Italien. Man spekulierte sogar auf eine weltweite Bedeutung der Strecke im Zusammenhang mit dem Bau des Suezkanals. Um der französischen Ostbahn, die bereits Mitte der 1860er Jahre eine Konzession für eine Strecke Thionville (Diedenhofen)–Saargemünd–Bitsch–Hagenau hatte, den Rang als kürzeste Verbindung abzulaufen und den Fernreiseverkehr künftig über Saarbrücken zu ziehen, forcierte man auf seiten der Saarbrücker Handelskammer den Bau der Strecke Saarbrücken–Saargemünd und hatte damit bei der preußischen Regierung Erfolg. Die Hoffnungen auf den Fernverkehr über Saarbrücken erfüllten sich jedoch nicht, da statt dessen das Rheintal bzw. die Verbindung zwischen Luxemburg, Metz und Straßburg diese Funktion zugewiesen bekamen. „Der Grund dafür ist darin zu suchen, daß die seit 1845 mehrfach erörterte direkte Verbindung Luxemburg–Saarbrücken nicht zustande kam“ (Hoppstädter, S. 111). Nach 1871 hatte die Reichsregierung an einer Streckenführung über Saarbrücken kein Interesse, da die Verbindung Luxemburg–Metz–Straßburg–Basel bereits bestand und sich weitgehend auf deutschem Gebiet befand. Zwischenzeitlich gewann der Gütertransport auf der Strecke Saarbrücken–Saargemünd–Hagenau–Straßburg (Strasbourg) wider Erwarten hohe Bedeutung, da Kohle auf diesem Weg schneller ins Oberrheingebiet geschafft werden konnte als über den Saarkohlenkanal und den Rhein-Marne-Kanal. Nach 1918 verhinderten die politischen Rahmenbedingungen des von Deutschland abgetrennten Saargebietes, eine so wichtige Verbindung über Saarbrücken laufen zu lassen. „Die Deutsche Reichsbahn konzentrierte den Nord-Südverkehr im Rheintal, weil diese Linie zur Bekämpfung der französischen Konkurrenz am besten geeignet erschien“ (Hoppstädter, S. 111). Das heutige Sarreguemines, dessen nordwestliche Stadtgrenze mit der Staatsgrenze zu Deutschland identisch ist, hat als einzige französische Stadt eine dem deutschen Bahnstromsystem entsprechende Voltzahl der Trasse bis zum Bahnhof und teilweise im Bahnhof selbst (Gleis 1). Es wurde damit eine für die Grenzstadt bis heute sinnvolle technische Einführung der Reichslandzeit beibehalten.

Auf der Trasse der alten Bahnlinie fährt seit Oktober 1997 nicht nur die Eisenbahn, sondern auch die Linie 1 der Saarbahn, der neuen Saarbrücker Straßenbahn, bis zur Endhaltestelle im Bahnhof von Sarreguemines. Die Beschriftung in den Saarbahnwaggons und die Lautsprecheransagen sind zweisprachig gehalten, wodurch dem Charakter Saarbrückens als Grenzstadt und ihrem grenzüberschreitenden Verkehrsmittel sichtbar und hörbar Rechnung getragen wird. Die Saarbahn hat sich bereits in dieser kurzen Zeit als nützliche Nahverbindung der beiden Städte und ihres Umlandes erwiesen. Sie wurde von der Bevölkerung sofort angenommen und fördert das alltägliche Miteinander im Grenzraum.

Quellen und weiterführende Literatur

Kretschmer, Rudolf, Vom Treidelzug zur Autobahn. Das Flußtal als Verkehrsweg, in: Van Dülmen, Richard/Labouvie, Eva (Hg.), Die Saar. Geschichte eines Flusses, St. Ingbert 1992, S. 99–123, besonders S. 109.

Hoppstädter, Kurt, Die Entstehung der saarländischen Eisenbahnen, Saarbrücken 1961 (Veröffentlichungen des Instituts für Landeskunde, Bd. 2), S. 109–111.

 

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Memotransfront - Stätten grenzüberschreitender Erinnerung Rainer Hudemann unter Mitarbeit von Marcus Hahn, Gerhild Krebs und Johannes Großmann (Hg.): Stätten grenzüberschreitender Erinnerung – Spuren der Vernetzung des Saar-Lor-Lux-Raumes im 19. und 20. Jahrhundert. Lieux de la mémoire transfrontalière – Traces et réseaux dans l’espace Sarre-Lor-Lux aux 19e et 20e siècles, Saarbrücken 2002, 3., technisch überarbeitete Auflage 2009. Publiziert als CD-ROM sowie im Internet unter www.memotransfront.uni-saarland.de.