Memotransfront - Stätten grenzüberschreitender Erinnerung
   
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Heike Kempf

„La Paix“ – Marc Chagalls größtes Meisterwerk aus Glas

Chapelle des Cordeliers, Place des Cordeliers, Sarrebourg

In dem ostlothringischen Städtchen Sarrebourg am Fuße der Vogesen entwarf der russischstämmige französische Maler Marc Chagall (1887–1985), dessen Werke für die Leuchtkraft ihrer Farben bekannt sind, im Jahr 1974 das größte seiner berühmten Glasfenster. Bereits 1959 hatte Chagall Fenster im Chorumgang und im nördlichen Querschiff des Metzer Domes gestaltet. Das Sarrebourger Fenster ist nach dem Fenster, das Chagall 1963/1964 im Palast der Vereinten Nationen in New York geschaffen hatte, das zweite mit dem Titel „La Paix“.

Die Idee zu dem Fenster entstand, als im Jahre 1970 die seit 1266 bestehende Franziskanerkirche an der Place des Cordeliers wegen Baufälligkeit abgerissen werden mußte und nur der 1269 angebaute gotische Chor, die heute sogenannte Chapelle des Cordeliers, gerettet werden konnte. Es mußte nun eine Lösung gefunden werden, um die klaffende Öffnung des Chores zu schließen. Die Initiative für das Fenster von Marc Chagall ging von Pierre Messmer aus, dem damaligen Bürgermeister von Sarrebourg und ehemaligen französischen Premierminister. Um die Realisiserung des Fensters zu finanzieren, sammelte die im Mai 1974 gegründete „Association des Amis des Cordeliers“ Geld bei der Bevölkerung. In zweijähriger Arbeit setzte der Glasmalermeister Charles Marq zwischen 1974 und 1976 den Entwurf Chagalls um. Seit 1994 hängt in der Chapelle des Cordeliers zusätzlich ein Wandteppeich, der nach dem Entwurf des Friedensfensters der Vereinten Nationen gefertigt wurde.

Fast das gesamte 12 m hohe und 7,50 m breite Fenster wird von einem farbenprächtigen Bukett eingenommen, um das sich friedenverheißende biblische Szenen gruppieren. Der Strauß wächst auf dem Boden einer Landschaft aus Häusern und Natur, die man als Darstellung Sarrebourgs interpretieren kann. Im Zentrum des Buketts sind Adam und Eva in inniger Umarmung dargestellt als Sinnbild von Harmonie und Frieden. Aber neben dem Paar lauert gefährlich die Schlange als ständige Bedrohung dieser friedlichen Idylle. Der Frieden erscheint als paradiesischer und erstrebenswerter Zustand, der jedoch immerwährenden Gefahren ausgesetzt ist, die ihn zerstören können.

Diese einerseits ganz persönliche Friedensbotschaft des Künstlers ist darüber hinaus ein Symbol der Völkerverständigung und appelliert an die Bewahrung des Friedens in der Region, die sich vor dem Hintergrund der bewegten Geschichte des saarländisch-lothringischen Grenzraums als ein besonders dringendes Anliegen erweist.

 

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Memotransfront - Stätten grenzüberschreitender Erinnerung Rainer Hudemann unter Mitarbeit von Marcus Hahn, Gerhild Krebs und Johannes Großmann (Hg.): Stätten grenzüberschreitender Erinnerung – Spuren der Vernetzung des Saar-Lor-Lux-Raumes im 19. und 20. Jahrhundert. Lieux de la mémoire transfrontalière – Traces et réseaux dans l’espace Sarre-Lor-Lux aux 19e et 20e siècles, Saarbrücken 2002, 3., technisch überarbeitete Auflage 2009. Publiziert als CD-ROM sowie im Internet unter www.memotransfront.uni-saarland.de.