Memotransfront - Stätten grenzüberschreitender Erinnerung
   
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Elisabeth Thalhofer

Gedenkstätte Ehemaliges Gestapo-Lager Neue Bremm

Metzer Straße und Behrener Straße, Saarbrücken

Seit dem Sommer des Kriegsjahres 1943 existierte auch in Saarbrücken ein nationalsozialistisches Lager, das heute noch vielen Saarländerinnen und Saarländern als „KZ Neue Bremm“ bekannt ist. Bei diesem Lager, das von Februar 1943 bis November 1944 bestand, handelte es sich – betrachtet man die Verwaltungsebene des nationalsozialistischen Lagersystems – jedoch nicht um ein Konzentrationslager, sondern um ein Polizeilager, das der Geheimen Staatspolizei Saarbrücken unterstellt war. Im Schriftverkehr der Gestapo firmierte die Neue Bremm als „Erweitertes Polizeigefängnis Neue Bremm“. In der Lagerrealität und in der Empfindung der Häftlinge besaß die Neue Bremm jedoch alle Attribute eines KZ. Die Gefangenen wurden mit äußerster Brutalität behandelt, Mißhandlungen und Folterungen gehörten zum Lageralltag, das Sterben an Hunger, Krankheiten und Verletzungen war Normalität. Die Gestapo nutzte die Neue Bremm als Straflager für nonkonforme Saarländer, als Erziehungslager für sogenannte „Bummelanten und Arbeitsunwillige“ sowie für Zwangsarbeiter aus dem Osten und ebenso als Durchgangslager für Juden, Franzosen und Kriegsgefangene.

Im Männerlager, das seit Februar/März 1943 bestand, wurden durchschnittlich jeweils 200–400 Häftlinge interniert. Das Frauenlager wurde erst im Dezember 1943 errichtet und jeweils für 150–200, manchmal auch für bis zu 400 weibliche Gefangene genutzt. Das zum „effizienten“ Betrieb nötige Personal der Neuen Bremm umfaßte ca. 50 Personen. Bei der Personalzusammensetzung ist auffallend, daß nur der Lagerkommandant selbst sowie sein Assistent Gestapobeamte waren. Alle übrigen, ob Aufseher, Verwaltungsangestellter oder Koch, waren vom Arbeitsamt dienstverpflichtete Rentner, Kriegsversehrte oder Angestellte.

Die beiden Lager wurden jeweils von einem doppelten Stacheldrahtzaun umgrenzt, an dem Schilder angebracht waren, die vorübergehenden Passanten das Stehenbleiben und Hineinsehen mit Strafandrohung untersagten. Den Mittelpunkt in beiden Lagern bildete ein Löschteich. Der Löschteich des Männerlagers ist heute der einzige sichtbare Überrest der Neuen Bremm. Er kehrt in den Erinnerungen ausnahmslos aller Häftlinge ständig wieder als Ort inhumaner Mißhandlung, systematischer Folter und gezielten Mordens. Wie viele Menschen dem Terrorregime der Neuen Bremm zum Opfer fielen, läßt sich heute nur noch ansatzweise rekonstruieren. 82 Namen sind offiziell belegt und dokumentiert, da die Leichen dieser Männer von einem Saarbrücker Bestattungsunternehmen abgeholt, Totenscheine für die Gestapostelle und das Standesamt erstellt und die Leichname entweder verbrannt oder auf dem Saarbrücker Hauptfriedhof beerdigt wurden. Hinzu kommen jedoch noch namentlich nicht bekannte Opfer in unbekannter Zahl sowie Hunderte von Häftlingen, die in den Folge-Lagern Buchenwald, Dachau, Mauthausen oder Sachsenhausen an den Nachwirkungen der Mißhandlungen und der Unterernährung, die sie auf der Neuen Bremm erlitten hatten, starben.

Die Neue Bremm hatte damit die Qualität eines Konzentrationslagers, und auch wenn sie ein relativ kleines Lager war, so entfaltete sich hier doch die volle Bandbreite des nationalsozialistischen Terrors.

Für die zahlreichen französischen Opfer – Widerstandskämpfer, willkürliche sogenannte „Nacht-und-Nebel-Gefangene“ vor allem aus Lothringen und andere Häftlingskategorien – wurde die „Neue Bremm“ zu einem besonderen Symbol deutscher Schreckensherrschaft während der Besatzungszeit. So weihte die französische Militärregierung auch bereits am 11. November 1947 an Rande des ehemaligen Lagers, weithin sichtbar an der Einfahrt ins Saarland auf der Nationalstraße aus Richtung Metz, ein Gedenkmonument in Form eines 30 m hohen, stilisierten französischen Bajonetts ein; durch eine Verlegung der Straße steht es heute dem Lagergelände gegenüber. Zum Waffenstillstandstag des 11. November 1918 und zum Gedenken an den gescheiterten deutschen Aufstandsversuch am 20. Juli 1944 legen hier deutsche und ausländische öffentliche Repräsentanten und Vertreter der Opferverbände jedes Jahr Erinnerungskränze nieder.

Seit Ende der 1970er Jahre wird über eine angemessene Ausgestaltung des ehemaligen Lagergeländes, dessen Frauenlager-Teil 1975 bereits von einem Novotel überbaut worden war, diskutiert. Bis dahin war das Lager in der öffentlichen Erinnerung im Saarland so gut wie vergessen. Das Ergebnis eines Ideenwettbewerbs, von einer privaten Initiative 1999 ausgeschrieben, läßt für 2001 eine Umgestaltung des Terrains erwarten.

 

Elisabeth Do Lam

Das Saarbrücker Lager Neue Bremm in den Medien –
ein Stück saarländischer Erinnerungskultur

Der grausame Alltag an der Neuen Bremm, dem Internierungslager der Gestapo-Leitstelle Saarbrücken von 1943 bis 1944, ist heute in Grundzügen rekonstruiert. Dies ist ein Verdienst der Erinnerungsarbeit, die kulturelle Arbeitsgruppen, Opferorganisationen und Historiker in den letzten Jahren geleistet haben. Großen Anteil an diesem für die Regionalgeschichte bedeutenden Erfolg haben jedoch die saarländischen Medien: Die Berichterstattung der Saarbrücker Zeitung und des Saarländischen Rundfunks ermöglich(t)en es, daß die Lagergeschichte bekannt gemacht wird.

Das Printmedium Saarbrücker Zeitung bewies darin bereits in der unmittelbaren Nachkriegszeit ein ausgeprägtes Engagement. Zur Zeit des Rastatter Prozesses 1946 klärte sie die saarländische Bevölkerung über die Grausamkeiten des NS-Regimes an der Neuen Bremm auf. In sensationeller Aufmachung präsentierte sie die Gerichtsauftritte der Angeklagten und zitierte die erschütternden Aussagen der Zeugen. Jedoch ließ zum Ende der 1940er Jahre dieser „Berichteifer“ deutlich nach. Der Rundfunk im Saarland hatte in diesen Jahren vermutlich eine ähnlich intensive Berichterstattung gekannt. Charakteristisch für alle Berichte dieser Zeit ist der aufklärende Unterton, der den Grundsätzen der damaligen französischen Pressepolitik entspricht.

Ein geradezu resolutes Schweigen der Medien bezüglich der Neuen Bremm herrschte von den 1950ern bis zum Ende der 1970er Jahre vor. Andere Themen dominierten im Saarland die Schlagzeilen: der Wiederaufbau oder die Autonomiefrage in den 1950ern, die Reintegration in die Bundesrepublik und die damit verbundenen Probleme in den 1960er und 1970er Jahren. Die saarländischen Medien erinnerten sich erst Mitte der 1980er Jahre wieder an das Lager, als die selbstkritische Bewältigung der nationalsozialistischen Vergangenheit in ein neues Stadium trat.

Sowohl die Saarbrücker Zeitung als auch der Saarländische Rundfunk berichteten über das Erscheinen des Buchs, das erstmalig die Geschichte der Neuen Bremm rekonstruierte, oder über die Alternative Stadtrundfahrt in Saarbrücken, die auch an dem ehemaligen Lagergelände vorbeiführt. So erfährt die sogenannte Enkel-Generation, deren Großeltern vielleicht Opfer, eventuell sogar Täter, auf jeden Fall aber Zeitgenossen waren, zum ersten Mal von der Existenz eines regionalen Lagers, das alle Merkmale eines Konzentrationslagers hatte.

Diesem „geschärften“ Geschichtsbewußtsein folgte in den 1990er Jahren eine Zunahme des Engagements für die Erinnerung an das Lager. Einerseits berichteten die Saarbrücker Zeitung und der Saarländische Rundfunk über das Bemühen zahlreicher Institutionen im Saarland um die Rekonstruktion der Lagergeschichte oder um die Neugestaltung einer angemessenen Opfer-Gedenkstätte, andererseits wurden sie zum Teil selbst zu „Mitgestaltern“ dieser Erinnerungsarbeit. Als ein medialer Höhepunkt muß in diesem Zusammenhang die Aktivität der Saarbrücker Zeitung betrachtet werden, der es gelang, durch mehrere Aufrufe sehr interessante Zeitzeugen ausfindig zu machen.

Die Medien im Saarland haben in den letzten zwei Jahrzehnten entscheidend dazu beigetragen, daß die Erinnerung an das Saarbrücker Lager vom breiten Publikum aktiv aufgenommen wurde. Dadurch gehört das ehemalige Lager-Gelände mittlerweile zu den historischen Denkmälern im Saar-Lor-Lux-Raum und ist zu einem wichtigen Bestandteil regionaler Identitätsfindung geworden.

Quellen und weiterführende Literatur

Anstätt, Sandra/Giegold, Rolf (Hg.), Wetterfernsehen – Telematische Skulptur der KZ-Gedenkstätte Neue Bremm, Saarbrücken 1999–2000, Ostfildern-Ruit 2001.

Bernard, Raja/Renger, Dietmar, Neue Bremm: Ein KZ in Saarbrücken, mit einem Nachwort von Rainer Hudemann, Heusweiler 1999.

Burke, Peter, Geschichte als soziales Gedächtnis, in: Assmann, Aleida/Harth, Dietrich (Hg.), Mnemosyne. Formen und Funktionen der kulturellen Erinnerung, Frankfurt a.M. 1991, S. 289–304.

Flender, Armin, Öffentliche Erinnerungskultur im Saarland nach dem Zweiten Weltkrieg. Untersuchungen über den Zusammenhang von Geschichte und Identität, Baden-Baden 1998.

Thalhofer, Elisabeth, Neue Bremm – Terrorstätte der Gestapo. Ein erweitertes Polizeigefängnis und seine Täter 1943–1944, St. Ingbert 2002, 3. Auflage 2004.

 

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Memotransfront - Stätten grenzüberschreitender Erinnerung Rainer Hudemann unter Mitarbeit von Marcus Hahn, Gerhild Krebs und Johannes Großmann (Hg.): Stätten grenzüberschreitender Erinnerung – Spuren der Vernetzung des Saar-Lor-Lux-Raumes im 19. und 20. Jahrhundert. Lieux de la mémoire transfrontalière – Traces et réseaux dans l’espace Sarre-Lor-Lux aux 19e et 20e siècles, Saarbrücken 2002, 3., technisch überarbeitete Auflage 2009. Publiziert als CD-ROM sowie im Internet unter www.memotransfront.uni-saarland.de.