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Gerhild KrebsRichard DöckerArchitekt der Universitäts- und Landesbibliothek SaarbrückenDr. Ing. Richard Döcker (geboren am 3. Juni 1894 in Weilheim/Teck, gestorben am 9. November 1968 in Stuttgart) hatte an der TH Stuttgart studiert und war 1924 dort promoviert worden. Architektonisch war er – entgegen der in Stuttgart vorherrschenden, traditionalistischen Schmitthenner-Schule – ein Anhänger der Moderne. Er hatte sich bereits Ende der 1920er Jahre mit dem Bau des Krankenhauses von Waiblingen einen Namen gemacht. Döcker wurde deshalb von den Nationalsozialisten als „Baubolschewist“ diffamiert und bekam ab 1933 kaum Aufträge, auch wenn er kein Berufsverbot hatte; bis 1939–1941 studierte er Biologie. Unter Leitung von Architekt Clemens Weber arbeitete Döcker ab 1. September 1941 im Wiederaufbauamt (Schloßplatz 12, Saarbrücken), das für den Wiederaufbau an der Saar und in Lothringen verantwortlich war. Döcker unterstand der „Bezirk Saarpfalz“, seinem Kollegen Prof. Walther Hoss der „Bezirk Lothringen“; beide waren Amtsleiter Weber direkt nachgeordnet. Döcker und Hoss hatten die Planungskompetenz für Normierung und Rationalisierung beim Wiederaufbau des Gaues Westmark. Dafür entwarfen sie zwischen September 1941 und März 1942 in vager Anlehnung an tradierte regionale Hausformen mehrere Häusertypen, von kleinen Landarbeiterhäusern bis hin zu großen Erbhöfen. Alle Bereiche des ländlichen Hochbaues sollten mit der von ihnen geschaffenen „Wiederaufbau-Westmark-Norm“ (WAW-Norm) vereinheitlicht werden, was die industrielle Herstellung von Bauteilen in rationeller Massenfertigung ermöglicht hätte. Bei einigen Erbhöfen wurde im Wirtschaftsbereich ein genormtes Stützensystem angewandt, das Döcker und Hoss zu diesem Zweck entwickelt hatten. Döcker publizierte seine diesbezüglichen Arbeiten in der Zeitschrift „Der Landbaumeister“. Ab Oktober 1943 leitete Döcker bis 31. Juli 1944 das zentrale Entwurfsbüro des Wiederaufbauamtes, danach war er bis Kriegsende als freier Architekt in Stuttgart tätig. Am 1. Mai 1946 wurde Döcker erster Baudirektor der Stadt Stuttgart und Leiter der „Zentralstelle für den Aufbau Stuttgarts“ (ZAS). Da er durch seine Arbeit beim Wiederaufbau als Fachmann für Normungsfragen im Bauwesen galt, wurde er Mitglied in Rat für Architektur und Städtebau, dem von der Militärverwaltung der französischen Besatzungszone eingerichteten „Conseil supérieur d’architecture et urbanisme“ (CSAU), außerdem Mitglied der Forschungsgemeinschaft Bauen und Wohnen (fbw). Ab 1. Januar 1946 wurde Döcker zum Leiter der Architekturabteilung der TH Stuttgart und als Professor für Städtebau und Entwerfen berufen. Die Saarländische Universitäts- und Landesbibliothek (SULB) wurde Amfang der fünfziger Jahre als erster Neubau auf dem Campus der Universität des Saarlandes nach Döckers Plänen errichtet. Quellen und weiterführende LiteraturHeinen, Armin, Sachzwänge, politisches Kalkül, konkurrierende Bildungstraditionen. Die Geschichte der Universität des Saarlandes 1945–1955, in: Ders./Hudemann, Rainer (Hg., im Auftrag des Universitätspräsidenten), Universität des Saarlandes 1948–1988, 2. Auflage, Saarbrücken 1989, S. 21–62. Staatliches Konservatoramt des Saarlandes (Hg.), Denkmalliste des Saarlandes, Saarbrücken 1996, erstellt vom Referat 2: Inventarisation und Bauforschung (Dr. Georg Skalecki), Stand: 1.8.1996, Druckversion S. 65–66, 188–189, 269–270, 304–305 und Internet-Version, Stand Juli 2000. Cohen, Jean-Louis/Frank, Hartmut (Hg.), Les relations franco-allemandes 1940–1950 et leurs effets sur l'architecture et la forme urbaine. Projet de recherche commun 1986–1989/Deutsch-französische Beziehungen 1940–1950 und ihre Auswirkungen auf Architektur und Stadtgestalt. Gemeinsames Forschungsprojekt 1986–1989, Abschlußbericht, unveröffentlichtes Manuskript, Bd. 3, Teil 2, S. 657f.
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