Memotransfront - Stätten grenzüberschreitender Erinnerung
   
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Roger Seimetz

Sparkasse und Sparkassenturm, Luxemburg

Banque et Caisse d’Épargne de l’État, Place de Metz, Luxemburg

Baugeschichte

Gründung der Sparkasse: 1856; Öffnung der Schalter: 1859. Die Regierung wollte nach der Eröffnung der Adolph-Brücke einen angemessenen Brückenkopf auf dem Plateau Bourbon errichten mit einer gewissen repräsentativen Monumentalität und wohlgeordneten Proportionen. 6. Dezember 1907: Verkauf eines Bauplatzes von 20,38 a an die Sparkasse (zwei Bauplätze am Brückenvorplatz für zwei Gebäude bestimmt, die im Viertelkreis gegen die Oberstadt gerichtet sein und den Platz dekorativ einfassen sollten. Kaufvertrag: 12. November 1909 (Grundstücksfläche auf 13,44 a reduziert). Architekt: Jean-Pierre Kœnig (lieferte bereits zwei nicht mehr vorliegende Vorprojekte/Baupläne von 1908; ausgeführte Baupläne, genehmigt am 16. März 1910.) Unternehmer: Ledrut und Schrader; Gipsmodelle für den plastischen Bauschmuck: J. B. Wercollier; Bildhauer: Blaise, Turping, Grosber; Portalfiguren: Jean Mich; Beziehung des Sparkassengebäudes am 15. November 1913 ohne Einweihungsfeier.

Baugestalt

Der umschlossene Bau erscheint in seiner Körperform als Masse, welcher die gewünschte historisch gebundene Monumentalität visualisiert, und die wichtigsten Umschließungselemente (Wände, Dächer) werden architektonisch maßgeblich gegliedert durch Öffnungen (Fenster, Portal). Die kompakte Erscheinungsform verleiht dem Sparkassenbau baukörperliche Einheit und reiht ihn als erstrangiges Bauwerk in ein stadtprägendes Ensemble ein. Die Fassade des zweigeschossigen, auf hohem Sockel stehenden Baus ist straff gestaltet. Das Sockelgeschoß enthält rechteckige Fenster mit Blendbogen, vereinzelt auch rundbogige Fenster; der Sockel schließt mit einem Gesims ab. Die Fenster des ersten Obergeschosses sind in der Regel hochrechteckig, im zweiten schließen sie korbbogenförmig ab und verleihen dem Bau trotz Variationen, mit stellenweisen Ansätzen zu Architravierungen und Überdachungen, rhythmischen Gleichklang. Die Renaissanceprägung der Vertikalität der Obergeschosse wird durch pilasterähnliche, zum Teil mit den Gesimsen verkröpfte Fensterrahmungen erzielt. Eine schmale Attika beschließt die Fassade.

Das Dach weist Lukarnen mit Dreiecksgiebeln auf. Das Portal in der Mittelachse, dem die reichste Ausstattung zuteil wurde, liegt zwischen Sockel und erstem Obergeschoß der Nordfassade (Turm-Gebäude) und ist über eine Treppe mit geschwungener Rampe zugänglich. Seine Ornamentik besteht vor allem aus Baldachinfiguren (westlich: die Allegorie der Sparsamkeit, östlich: Merkur) und Giebelfeld mit Luxemburger Wappen (außerdem Putten, krabbenbesetzter Giebel, Kreuzblume und Löwenmaske). Fundamente aus Gilsdorfer Stein; Fassaden: Sandstein aus Larochette (Fiels/Fels); Konstruktionsteile: Armierbeton, ARBED (Fundamente, tragende Mauern, Dach- und Turmgerüst – jedoch nicht für die Überspannung der Großräume). Die Materialwahl sowie Materialbe- und -verarbeitung zählen bis heute zu den hervorstechendsten Kodierungsmitteln, mit denen der Bauträger seinem Bau Charakter, Ausdruck und Bedeutung verleihen will (Verblendung von Mauern und Bauteilen), ohne der façade-écran, der Scheinfassade kirchlicher Barockarchitektur oder dem dachgeschossblendenden Kranzgesims der italienischen Renaissance zu verfallen. Die Materialien drücken die Idealität aus, die Absicht des Bauherrn nämlich, Nützlichkeit und tiefere Bedeutung der Materialqualität hervorzuheben.

Der Turm (46,10 m) bildet die Nordostecke, hat eine rechteckige Basis, wird im Obergeschoß abgeschrägt und nimmt darüber polygonale Form an. Im Osten ist eine Uhr angebracht, Gesims, Fries und Fensterband beschließen den Turmdekor.

Bauliche Veränderung

1911: Ankauf eines Grundstücks am Brückenvorplatz für Grünanlagen und eines Bauplatzes im Westen des Baublocks (244 m²) für einen Anbau.

Anbau: 1933, Ostanbau nach Bauplänen von Joseph Nouveau. Nun ist der Sparkassenbau so groß, wie er 1908 geplant wurde, aber in der ersten Bauverwirklichung nicht war.

Historischer Zusammenhang

Es bestand im 19. Jahrhundert im Gegensatz zu anderen Bürger- und Kommunalbauten kein bestimmter Bautypus für Sparkassengebäude; der Spuerkeessbau nimmt daher einen imposanten, man könnte sagen, für luxemburgische Verhältnisse leicht wehrhaften Charakter an. Der Sparkassenturm erfüllte eine repräsentative und städtebauliche Funktion und ist zum Symbol für die Stadt Luxemburg geworden (Briefmarkenkopf, Banknotenzeichen, Kunstmotiv) und bedeutet(e) den Übergang und Eintritt Luxemburgs in die Moderne. Der heutige, südwestlich gegenüber gelegene Sparkassenanbau (zweites Viertel des Halbrunds) war Betriebsdirektionsgebäude der Wilhelm-Luxemburg-Eisenbahnen, dann Sitz der Montan-Union.

Quellen und weiterführende Literatur

Berger, Rolf und Eva, Bauwerke betrachten, erfassen, beurteilen, Augsburg 1999.

Koltz, Jean-Pierre, Baugeschichte der Stadt und Festung Luxemburg, 3 Bde., Luxemburg 1946/1951.

Lorang, Antoinette, Plateau Bourbon und Avenue de la Liberté. Späthistorische Architektur in Luxemburg (Publications de la section historique de l’Institut Grand-Ducal de Luxembourg), Luxemburg 1988.

 

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Memotransfront - Stätten grenzüberschreitender Erinnerung Rainer Hudemann unter Mitarbeit von Marcus Hahn, Gerhild Krebs und Johannes Großmann (Hg.): Stätten grenzüberschreitender Erinnerung – Spuren der Vernetzung des Saar-Lor-Lux-Raumes im 19. und 20. Jahrhundert. Lieux de la mémoire transfrontalière – Traces et réseaux dans l’espace Sarre-Lor-Lux aux 19e et 20e siècles, Saarbrücken 2002, 3., technisch überarbeitete Auflage 2009. Publiziert als CD-ROM sowie im Internet unter www.memotransfront.uni-saarland.de.