Memotransfront - Stätten grenzüberschreitender Erinnerung
   
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Gerhild Krebs

Flughafen Saarbrücken

Flughafenstraße, Ensheim/Saarbrücken

Baugeschichte

Flugwettbewerbe und Flugschauen zu militärischen Zwecken waren ab 1912 die ersten Vorboten einer Entwicklung, die nach dem Ersten Weltkrieg zur Eröffnung des ersten Saarbrücker Flughafens in den St. Arnualer Saarwiesen führte. Am 17. September 1928 landete zur Einweihung in Saarbrücken eine Junkers G 31, damals das modernste Landflugzeug der Lufthansa, wenig später eine „Goliath“ der französischen Aérienne Farman. Das Verkehrsnetz des Flughafens wurde erweitert: 1932 konnten gut betuchte Geschäftsreisende und vermögende Touristen von Saarbrücken aus nach Berlin, Köln, München, Düsseldorf oder Budapest fliegen. Zugleich gewann das Flugzeug in den 1930er Jahren auch für den Frachtverkehr an Bedeutung, und die Flugzeuge wurden immer größer. Daher konnte der Standort St. Arnual die steigenden Anforderungen bald nicht mehr erfüllen. Die Start- und Landebahn war zu klein, die Wohngebiete lagen zu nahe, auch bestand bei Hochwasser Überflutungsgefahr.

Am 25. Oktober 1939 landete die letzte Linienmaschine in St. Arnual. Die nationalsozialistische Regierung plante zum Zweck effektiver Kriegsvorbereitung einen größeren Flughafen und begann 1935–1939 in Ensheim mit den Baumaßnahmen für den Flughafen und einer Zufahrtsstraße, die als „Notstandsarbeiten“ mit den Arbeitskräften der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen durchgeführt wurden. Eine kleine Landefläche wurde planiert. Die Baumaßnahmen wurden jedoch bis Kriegsbeginn nicht beendet, und der Flugbetrieb in Saarbrücken kam im Krieg zum Erliegen.

Nach dem Krieg gewann das Flugfeld St. Arnual wieder seine alte Bedeutung, da die französische Luftfahrtgesellschaft TAW einen Linienflugbetrieb nach Paris einrichtete (1945–1955). Nach der Volksabstimmung 1955 wandte man sich zu zivilen Zwecken erneut dem Ausbau von Ensheim zu. Das kleine Flugfeld und das Abfertigungsgebäude wurden fertiggestellt, jedoch stagnierte die Entwicklung jahrelang wegen der geringen Größe des Flugfeldes, das nur für Sportflieger ideale Bedingungen bot. Die CDU-Landesregierung beschloß 1964 den Ausbau nach internationalem Standard. Am 21. August 1967 wurde der Linienflugbetrieb Saarbrücken–Düsseldorf aufgenommen, 1969 der Ferienflugbetrieb nach Spanien. 1972 wurde Saarbrücken-Ensheim zum 11. Internationalen Verkehrsflughafen der Bundesrepublik erklärt. 1975 nahm die Lufthansa die Flüge nach Frankfurt und Düsseldorf (letztere waren zwischenzeitlich wieder eingestellt worden) wieder auf. In den 1970er Jahren wurden wiederholt Überlegungen zum Ausbau des Flugfeldes angestellt, die jedoch auf immer stärkeren Widerstand der Bevölkerung in den nahen Dörfern trafen; zugleich blieb die wirtschaftliche Entwicklungsperspektive des Flughafens fraglich. In den 1980er und 1990er Jahren wurden Einrichtungen innerhalb des Flughafens verbessert (Tower 1988, Rollweg C 1987, kurz danach Werft- und Hangaranlage, Feuerwehrgebäude, neues Parkdeck, Spielplatz) und eine Lärmschutzbox errichtet (1992).

Der Luftfrachtverkehr ist für die Infrastruktur des Saarlandes bedeutsam. Der innereuropäische Tourismus macht bis heute zwei Drittel des Personenflugverkehrs aus: Von Saarbrücken kann man unter anderem Ziele in Portugal, Spanien, den Kanaren, Süditalien, Griechenland und der Türkei erreichen. Ein Linienverkehr in andere Länder existiert jedoch bislang nicht, mit Ausnahme der Verbindung nach Luxemburg-Findel. Der innerdeutsche Linienflugverkehr, der hauptsächlich Geschäftsreisenden dient (Düsseldorf, München), bildet das restliche Drittel des Saarbrücker Flugverkehrs. Die Tagesrandverbindung nach Frankfurt (morgens und spätnachmittags) wurde 1993 eingestellt, als das Saarland seine Zuschüsse zu dieser Flugverbindung strich. Andere Strecken nach Berlin, Hamburg und Leipzig/Dresden sind zwischenzeitlich hinzugekommen, können jedoch die von saarländischen Geschäftsleuten geforderte Verbindung nach Frankfurt nicht ersetzen, solange die verspätungsanfällige Bahnlinie der privatisierten Bahn AG zwischen Saarbrücken und Frankfurt nicht optimiert wird.

Regionalhistorischer Kontext

Während der luxemburgische Flughafen Findel eine gute Anbindung zu vielen europäischen Zielflughäfen ausweist, stellte sich die Situation des Saarbrücker Flughafens bisher eher problematisch dar. Die frühere Saarbrücker Flughafen-Gesellschaft wurde 1997 als erster der elf internationalen Flughäfen der BRD in eine Besitz- und eine Betriebsgesellschaft aufgeteilt. Das Gelände gehört weiterhin zu 100% dem Land (Verkehrsholding Saarland GmbH). Seit der Privatisierung hält an der Betriebsgesellschaft mbH die Frankfurter Flughafen AG 51% des Kapitals, den Rest teilen sich die Besitzgesellschaft (48%) und die Stadt Saarbrücken (1%). Ob die Teilprivatisierung eine sinnvolle Lösung ist, wird sich 2007 zeigen, wenn der Vertrag mit der Frankfurter Flughafen AG (FAG) ausläuft. Bisher haben sich keine erkennbaren Synergieeffekte ergeben. Klagen über die schlechte Busanbindung vom Saarbrücker Hauptbahnhof nach Ensheim verweist die Betriebsgesellschaft an die kommunale Zuständigkeit der Stadt Saarbrücken. Die Investitionslasten für Gebäude und Infrastruktur trägt die Besitzgesellschaft, das erforderliche Kapital muß das Land durch Kredite aufbringen. 2001 wurde ein neuer, durch die Dillinger Stahlbau (DSD) erbauter Terminal in Betrieb genommen. Zugleich wird die Parkplatzkapazität auf 1440 Stellplätze erweitert. Rund 500 Menschen arbeiten derzeit auf dem Flughafen, davon beschäftigt die Betriebsgesellschaft 112.

 

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Memotransfront - Stätten grenzüberschreitender Erinnerung Rainer Hudemann unter Mitarbeit von Marcus Hahn, Gerhild Krebs und Johannes Großmann (Hg.): Stätten grenzüberschreitender Erinnerung – Spuren der Vernetzung des Saar-Lor-Lux-Raumes im 19. und 20. Jahrhundert. Lieux de la mémoire transfrontalière – Traces et réseaux dans l’espace Sarre-Lor-Lux aux 19e et 20e siècles, Saarbrücken 2002, 3., technisch überarbeitete Auflage 2009. Publiziert als CD-ROM sowie im Internet unter www.memotransfront.uni-saarland.de.